S04: (Nicht nur) dank Amine Harit wieder in der Erfolgsspur…

5:1 in Paderborn und 2:1 vor heimischer Kulisse gegen Mainz und plötzlich sind die Knappen mit 10 Punkten im oberen Tabellendrittel anzutreffen.

2018-08-17 1. FC Schweinfurt 05 vs. FC Schalke 04 (DFB-Pokal) by Sandro Halank–167
Amine Harit in der 1. Pokalrunde 2018/19 beim 1. FC Schweinfurt

Einen Löwenanteil dazu beigetragen hat der marokkanische Nationalspieler Harit, in der letzten Saison noch eines der größten Sorgenkinder bei den Schalkern. Mit drei Treffern in den beiden Partien, eines schöner als das andere feierte der junge Neuvater einer Tochter ein vielbeachtetes Comeback.

Vergessen die Exzesse mit der „French Connection“ neben Nabil Bentaleb und Hamza Mendyl, offenbar verarbeitet der verheerende Verkehrsunfall in seinem Heimatland: Harit trumpfte auf wie einst gegen den BVB, spielfreudig, technisch überragend, eingebunden ins Team und neuerdings sogar torgefährlich.

In Paderborn glänzte er mit dem ersten Doppelpack seiner noch jungen Karriere, gegen die Mainzer Karnevalsgarde übernahm er spät Verantwortung und führte mit einem wunderschönen Außenrist-Treffer die Entscheidung herbei. Keine Ahnung, was Trainer David Wagner mit dem 22-jährigen Marokkaner in der Vorbereitung gemacht hat, gewirkt hat es in jedem Fall.

Auch ansonsten zeigte sich die Mannschaft gegenüber der Vorsaison mit einem gänzlich anderen Gesicht. Obwohl außer dem Engländer Jonjoe Kenny kein anderer Neuzugang den Weg in die Startelf fand, mochte man kaum glauben, dass da noch 10 Spieler aus der Tedesco-Ära auf dem Rasen standen.

Schon erstaunlich, wie sich der Stil der Schalker in so kurzer Zeit so prägnant verändert hat. Anstelle der auf defensive Stabilität ausgerichteten Fünferkette agiert Wagner mit vier Verteidigern ähnlich stabil, wobei den beiden Außen allerdings viel mehr Bedeutung für die Offensive zukommt.

Gerade Kenny erfüllt diese Rolle nahezu ideal und konnte sich so dank seiner Kampfkraft, seiner läuferischen und technischen Stärken und des unbändigen Angriffswillens sehr schnell in die Herzen der Knappen-Fans spielen und den Titel des Bundesliga-Rookies im August gewinnen.

Überhaupt ist nun eine Spielidee und die berühmte „Handschrift“ des Trainers eindeutig erkennbar, während unter Wagners Vorgänger viele taktische Finessen eher Stückwerk blieben und die Kreativität in der Offensive meist nur ein laues Lüftchen entwickelte. Dagegen erarbeiteten die Blauen sich in Paderborn Torchancen im Minutentakt und ließen den Gegner dank ihres aggressiven Pressings kaum zur Entfaltung kommen.

Im Gegensatz zum „Stilmittel“ der langen und hohen Bälle, die mangels alternativer Anspielstationen prägend für die desaströse Spielzeit 2018/2019 waren, geht der Aufbau nun fast grundsätzlich flach über die Außenverteidiger oder einen Sechser, der sich zwischen die Innenverteidigung zurückfallen lässt vonstatten. Im Moment füllt diese Rolle Omar Mascarell sehr effektiv aus, übrigens auch einer der Akteure, die lange als teure Fehleinkäufe galten.

Insgesamt erscheint die Mannschaft kompakter und gefestigter, man setzt sich wieder füreinander ein und schaut nicht immer nur auf den Nebenmann. Wagner hat es geschafft, ein (zumindest bisher) gut funktionierendes Kollektiv zu formen, welches auch nach Schwächephasen wie in der zweiten Halbzeit gegen Mainz noch in der Lage ist, eine effektive Reaktion zu zeigen.

Damit hat er die Knappen immerhin bis auf einen Europa-League-Platz geführt, was allerdings so früh auch nur als eine Momentaufnahme gelten kann. Trotzdem ist die Erleichterung im blau-weißen Lager riesengroß, denn die Angst vor einem Fehlstart war es vorher ebenso. Nun liegt am Wochenende das Kräftemessen mit dem Tabellenführer RB Leipzig an, ein guter Gradmesser zur Beurteilung des bisher Erreichten.

Möglicherweise ist die Brausetruppe von Trainer Julian Nagelsmann noch eine Nummer zu groß, zu perfekt ließen sich ihre bisherigen Auftritte an. Doch mit Willen und Engagement wäre Schalke bei den Sachsen immer noch Außenseiter, aber nicht unbedingt chancenlos.