Sicherlich, realistisch betrachtet hatte man eigentlich nichts anderes erwarten können. Zwei Spiele in einer Woche gegen die wohl weltbesten Teams zur Zeit sind schon starker Tobak.
Wenn es dann nicht wirklich gut läuft beim S04, dann kann man gegen Real Madrid und die Münchener Bayern auch so verlieren, wie es dann letztlich auch gekommen ist.
Doch es muss auch klar sein, dass es bei solchen Niederlagen vorrangig das eigene Auftreten ist, dass nachher die öffentliche Wahrnehmung prägt. Und das, so bitter es auch sein mag, gleicht nach dieser Woche einem Desaster.
Konnte man im Champions-League-Achtelfinale gegen Real Madrid zumindest zeitweilig noch so etwas wie ein Aufbäumen gegen einen übermächtigen Widersacher feststellen, so fehlte etwas ähnliches in der ersten Halbzeit bei den Bayern vollständig.
Natürlich muss man auch konstatieren, dass ein unglücklich abgefälschtes Freistoßtor bereits in der dritten Minute nicht gerade dazu angetan ist, einer verunsicherten Mannschaft neuen Mut und Zuversicht einzuflößen.
Trotzdem, die Schalker Spieler sollten eigentlich Profis genug sein, auch gegen München einen solch frühen Rückstand zumindest soweit wegstecken zu können, dass man in der Folge gegen Arjen Robben und Co. nicht nur Spalierbildung betreibt, sondern irgendwann auch wieder ins Spiel zurückfindet und die Zweikämpfe wieder annimmt.
Erschreckend fand ich dabei die mangelnde Einstellung gerade der sogenannten „Führungsspieler“ wie Kevin-Prince Boateng, Jefferson Farfan oder auch Benedikt Höwedes, die offenbar nicht in der Lage waren, dem Rest des Teams mit gutem Beispiel vorauszugehen.
Dass dann junge Akteure wie Leon Goretzka und Sead Kolasinac, aber auch Julian Draxler oder Joel Matip dem Angriffswirbel der Bayern nicht mehr viel entgegenzusetzen haben, kann eigentlich nicht wirklich verwundern.
Da wirkt es schon fast peinlich, wie die nahezu unveränderte Mannschaft nach dem Pausentee und einer wahrscheinlich geharnischten Gardinenpredigt durchaus in der Lage war, ein ganz anderes Auftreten zu zeigen.
Zu hinterfragen wäre aber auch die gewählte Taktik, mit der Jens Keller in der Allianz-Arena dem Münchener Angriffswirbel entgegentreten wollte.
Hat es wirklich Sinn, den Bayern quasi das Mittelfeld kampflos zu überlassen, sich stattdessen kompakt zurückzuziehen und erst am eigenen 16er mit der Abwehrarbeit zu beginnen?
Interessant ist in dieser Hinsicht ein Blick auf die Art und Weise, wie das bisher einzige siegreiche Team gegen die Bayern, der FC Red Bull Salzburg, da vorgegangen ist.
Dessen Trainer Roger Schmidt wählte eine ganz andere Taktik und setzte die Münchener Zentrale um Toni Kroos ganz gezielt durch aggressives Pressing immer wieder unter Druck, um so das gefürchtete Kurzpassspiel der Marke Guardiola möglichst zu unterbinden und mit eigenen Kontern erfolgreich zu sein.
Natürlich benötigt man für eine solche Taktik auch eine Mannschaft, die diese umsetzen kann, die über das nötige Selbstvertrauen, die Hingabe und auch den Mut verfügt, so spielen zu können. All dies ließ der FC Schalke in der ersten Halbzeit gegen die Bayern vollkommen vermissen. Dies ist sicherlich in erster Linie auf die mangelnde Einstellung fast aller Akteure zurückzuführen, aber eben auch ein Ergebnis der gewählten Taktik.
Und für die Taktik ist nun mal in erster Linie der Trainer verantwortlich. Und auch die Einstellung der Mannschaft ist zumindest teilweise eine Sache des Coaching-Teams. So hart es jetzt auch klingen mag, gegen Bayern München hat nicht nur die Elf auf dem Platz, sondern auch Trainer Jens Keller versagt.
Mit Angsthasen-Fußball ist in München kein Blumentopf zu gewinnen, ja nicht einmal Respekt. Ganz im Gegenteil macht man sich damit zum Gespött der Medien, das ist seit Montag überall nachzulesen.
Man kann gegen Madrid und in München verlieren, wenn es schlecht läuft auch mit vier oder fünf Toren Unterschied, keine Frage. Was aber nicht passieren darf, ist eine solche Einstellung wie in der ersten Halbzeit in der Allianz-Arena. Damit macht man sich all die schönen positiven Eindrücke der letzten Wochen unnötig wieder kaputt.
Im Rückspiel gegen Ronaldo & Co. geht es nun nur noch darum, sich nicht wieder abschießen zu lassen. Ehrenrettung sozusagen.
Ansonsten bleibt abzuwarten, wie die Schalker diese beiden Klatschen verarbeiten werden. Als warnendes Beispiel sei Bayer Leverkusen genannt, die nach dem 0:4 in der Champions League gegen Paris St. Germain offenbar ihr Selbstvertrauen und ihre Linie verloren haben und am letzten Wochenende auch noch zu Hause dem FSV Mainz unterlagen.
Hoffen wir mal inständig, dass den Blau-Weißen dies gegen Hoffenheim nicht passiert.