Zwiespältige Eindrücke nach dem Spiel gegen Frankfurt

Auch wenn die Medien nach dem 2:0-Erfolg größtenteils voll des Lobes ob der Schalker Siegesserie waren bleibe ich jedoch dem Verlauf des Spiels entsprechend weiterhin skeptisch.

Akteure von Eintracht Frankfurt nach einem Spiel von Johannes Löw 2006

Die erste Halbzeit offenbarte meines Erachtens eine ganze Reihe von Problemen, mit denen die Mannschaft von Trainer Jens Keller momentan zu kämpfen hat.
Die Ideenlosigkeit und der fehlende Spielwitz waren schon sehr frappierend, zudem verlief auch der Spielaufbau größtenteils unheimlich schleppend.

Im zweiten Spielabschnitt zeigten die Blauen dann aber zumindest in einigen Ansätzen, weshalb sie zu den Anwärtern auf einen direkten Champions-League-Platz gehören.

Trotzdem blieb auffällig, dass die Tore nach individuellen Einzelleistungen fielen (kraftvoller Antritt mit sehenswertem Pfostenschuss von Sead Kolasinac, den Abpraller verwertete Max Meyer im zweiten Nachsetzen; der eingewechselte Jefferson Farfan verwandelte mit einem Geniestreich einen direkten Freistoß) und eine ganze Menge Torchancen nicht genutzt werden konnten. Trauriger Höhepunkt war dabei der von Klaas Jan Huntelaar vergebene Elfmeter.

Natürlich hatte man auch Pech, als Julian Draxler um Millimeter im Abseits stand und zusätzlich wuchs Eintracht-Keeper Kevin Trapp förmlich über sich hinaus und machte beste Schalker Chancen zunichte.

Dieser schludrige Umgang mit den eigenen Abschlussmöglichkeiten blieb allerdings unbestraft und so konnten am Ende Vorstand, Trainer, Mannschaft und Presse in seltener Einigkeit mitteilen, dass ein weiteres Stück des Weges in die europäische Königsklasse erfolgreich zurückgelegt sei.

Doch im Gegensatz dazu hatte ich nach dem Spiel doch einige Bauchschmerzen oder zumindest ein etwas zwiespältiges Gefühl, als ich die Leistungen der Schalker über die gesamte Saison Revue passieren ließ.

Einerseits ist wirklich nicht zu übersehen, dass Mannschaft und Trainerteam seit der Winterpause einen wirklich guten Job gemacht haben.
Man darf nicht vergessen, dass der S04 damals auf Platz 7 in der Tabelle abgerutscht war und vor allem Jens Keller daraufhin schwer in der Kritik stand.

Die Trotzreaktion der Mannschaft kann danach nur noch als äußerst bemerkenswert bezeichnet werden. Trotz einer ellenlangen Verletztenliste mit bis zu elf Ausfällen startete Schalke in der Rückrunde durch und holte bisher nur einen Punkt weniger als der FC Bayern München.

Also ist doch alles gut? Man lehnt sich zurück und genießt die Früchte seiner Arbeit?

Nicht ganz, es gibt da doch noch einen Wermutstropfen, der die glänzende Bilanz nicht ganz unerheblich verunreinigt.

Trotz aller Erfolge hat es die Mannschaft in dieser Saison noch nicht geschafft, gegen eines der europäischen Topteams zu gewinnen. Und nicht nur das, wenn man diese Spiele ehrlich analysiert, wird man feststellen, dass es gegenüber Bayern München, dem FC Chelsea, Real Madrid und auch Borussia Dortmund doch noch einen erheblichen Leistungsabstand gibt und sich dieser Abstand in der Rückrunde nicht wesentlich verringert hat.

In nahezu allen Begegnungen gegen diese Mannschaften war Schalke eigentlich deutlich unterlegen, und nur beim BVB gab es dank Ralf Fährmann und viel eigenem Glück einen Punktgewinn.

Machen wir uns nicht vor, die Lücke zu diesen Teams ist geblieben und sie beruht in erster Linie neben dem sportlichen Personal auf der taktischen und spielerischen Ausrichtung. Noch immer sind hier die Defizite bei den Blauen zu suchen und auch zu finden.

Der Spielaufbau, speziell das schnelle und automatisierte Umschalten von Abwehr auf Angriff funktioniert woanders besser als bei uns. Nach über 30 Spielen sollte man doch eigentlich annehmen, dass trotz der vielen Verletzten gewisse Automatismen inzwischen greifen müssten.
Gegen schwächere Mannschaften funktioniert das ja auch teilweise ganz gut, doch zu den europäischen Spitzenvereinen fehlt da noch einiges.

Sicherlich, man mag das für ein Luxusproblem halten, schließlich ist der dritte Platz in der Bundesliga letztlich nur mit einer guten Mannschaft zu erreichen. Ebenso ist es richtig, dass unser Kader eine Menge Qualität enthält, und vor allem junge Spieler aus der eigenen Jugend Anlass zur Hoffnung geben, in ein paar Jahren vielleicht mehr zu erreichen.

Man könnte dies aber auch an der Arbeit der Trainer festmachen, und speziell Chefcoach Jens Keller habe ich ja in diesem Blog schon öfter dafür kritisiert.

Im Moment allerdings erscheint mir eine solche Kritik angesichts des bisher Erreichten etwas wohlfeil. Die Konzentration muss jetzt auf einem erfolgreichen Abschließen der Saison liegen. Erst dann kann es an der Zeit sein, darüber zu entscheiden, ob und wie es mit Jens Keller weitergehen könnte.

Ostersonntag wartet der VfB Stuttgart mit Schalkes Jahrhundertcoach Huub Stevens, der die Punkte dringend selbst im Abstiegskampf benötigt. Also beileibe kein einfaches Spiel, zumal neben dem gelb-gesperrten Julian Draxler auch Jefferson Farfan wahrscheinlich wieder verletzungsbedingt fehlen wird.

Genausowenig übrigens wie die Begegnung mit der Gladbacher Borussia eine Woche später, bei der es gegen einen der direkten Mitbewerber um die Champions League geht.