Zur Länderspielpause und nach dem Derby: eine kurze S04-Zwischenbilanz

Ein bisschen zwiespältig muss das Fazit schon ausfallen nach dem 0:1 im Revierderby am vorletzten Wochenende.

Signal Iduna Park Panorama
Panorama des Signal Iduna Parks in Dortmund

Sicherlich war die Defensivleistung des S04 im ersten Aufeinandertreffen mit dem großen Rivalen BVB seit dem Wiederaufstieg in die Bundesliga schon recht ansehbar. Bis auf wenige Großchancen konnte man die Dortmunder recht erfolgreich vom eigenen Tor fernhalten.

Zudem vermochte Neu-Keeper Alexander Schwolow mit einigen Paraden zu glänzen und befand sich schon auf dem besten Weg zum Derbyhelden, bevor der BVB in Person von Youssoufa Moukoko doch noch einnetzen konnte. Dieser Treffer in der 79. Minute offenbarte dann aber auch die bisher größte Schwäche der Schalker nicht nur in dieser Begegnung.

Wer nicht in der Lage war, auch nur einen einzigen Torschuss in diesem Derby anzu-bringen, der muss sich dann auch über berechtigte Kritik an dieser eher übersichtlichen Offensivleistung nicht wundern. Zumal sich diese Schwäche bei dem Erarbeiten von eigenen Abschlüssen doch schon etwas wie ein roter Faden durch die bisherige Saison zieht.

Neben den sehr geringen Phasen eigenen Ballbesitzes ist es diese Problematik, das Leder oft genug vor das gegnerische Tor zu bringen, die den Schalker Fans derzeit noch Tränen der Angst auf die Stirn treibt.

Für den Klassenerhalt in der ersten Liga erscheint es nämlich unerlässlich, gerade gegen die Konkurrenten auf die unteren Tabellenrängen genügend Tore zu erzielen, um die nötigen Punkte einzufahren. Und ein Goalgetter wie Simon Terodde benötigt nun einmal Flanken von der Grundlinie und aus dem Halbfeld, um dabei erfolgreich sein zu können.

Doch dafür bedarf es mehr Ballbesitzes und einer offensiveren Spielweise, um den eigenen Zielspieler im gegnerischen Strafraum auch entsprechend einsetzen zu können. Nun, gegen Dortmund fand nicht wirklich oft der Versuch eines solchen offensiven Systems statt, eher im Gegenteil. Je länger das Spiel dauerte, desto mehr stellte sich nämlich heraus, dass die Knappen entweder das 0:0 halten oder eben verlieren würden.

Verständlich ist diese Vorgabe des neuen Trainers Frank Kramer allerdings durchaus. Im bisher einzigen anderen Spiel gegen einen Spitzenclub der Liga (dem 1:6 gegen Union Berlin), geriet nämlich die Taktik des offensiven Gegenhaltens zu einem einzigen Desaster.

Zugegebenermaßen gehören die Köpenicker mit ihrem richtungsweisenden Offensivstil zu den stärksten Mannschaften der Liga, doch der S04 ließ sich in dem Bemühen, selber Akzente nach vorn mit mehr Ballbesitz zu setzen, nahezu klassisch auskontern. Ein bisschen Glück half den Berlinern natürlich auch noch, doch am Ende blieb vor allem das extrem schlechte Defensivverhalten der Knappen stehen.

Ich nehme mal einfach zugunsten von Frank Kramer an, dass der Schalker Übungsleiter eine ähnliche Packung im prestigeträchtigen Revierderby unter allen Umständen ver-meiden wollte. Daher wählte er die volkstümliche Taktik, buchstäblich den Mannschafts-bus auf der Torlinie zu parken. Wie bereits oben erwähnt ging diese Strategie über fast 80 Minuten durchaus auf.

Und trotzdem setzte es danach heftige Kritik für den S04-Coach. Unter anderem auch für die sehr späte Einwechselung des Spielmachers Rodrigo Zalazar, der in den rund ein Dutzend Minuten auf dem Platz gefühlt mehr Rabatz in Richtung des Dortmunder Tores veranstaltete als die gesamte Mannschaft bis dahin zusammen.

Kramer begründete dies mit angeblichen Fitnessmängeln des Uruguayers, doch erscheint schwer vorstellbar, dass Zalazar nicht doch Luft für zumindest eine halbe Stunde gehabt hätte. Ein Boulevard-Blatt brachte dann natürlich auch gleich die Story über ein angeb-liches Zerwürfnis zwischen Zalazar und dem Schalke-Trainer.

Noch aber scheint vereinsintern Ruhe das vorherrschende Gebot der Stunde zu sein. Manager Rouven Schröder und die Vereinsikonen Gerald Asamoah und Mike Büskens sind offenbar mit dem bisher Erreichten zufrieden, auch wenn es bei den Fans schon hier oder da Unruhe geben mag.

Auch wenn man mit allen bisherigen Entscheidungen des Trainers nicht unbedingt einverstanden sein muss, so neige ich auch eher dazu, diese vorhandenen oder auch nur angeblichen Dissonanzen zwischen Vorstand, Coach und Mannschaft nicht über zu bewerten. Mit sechs Punkten aus 7 Spielen hat man zumindest das Minimum dessen erfüllt, was man vorher erwarten konnte.

Durch das späte Ende der Transferperiode erscheint das Team noch nicht wirklich eingespielt, Neuzugänge wie Kenan Karaman, Sepp van den Berg oder Jordan Larsson sind eigentlich noch gar nicht richtig angekommen. Aufgrund der Vielzahl an Wechseln steht da auch wie schon in der letzten Saison eine neue Mannschaft auf dem Platz, der ich durchaus noch Steigerungspotenzial zutraue.

Kritisch kann und muss man auf die offensiven Parameter des Teams schauen. Frank Kramer hat es bisher noch nicht wirklich geschafft, den Knappen eine wirkungsvolle Strategie für den Angriff mitzugeben. Niedrigster Ballbesitz der Liga, äußerst wenige Torchancen, da war das Derby beim BVB so etwas wie die Zuspitzung der Probleme vor dem gegnerischen Kasten.

Sollte der Coach es nicht schaffen, dieses Nichtvorhandensein einer Offensivtaktik irgendwie zu beseitigen, so könnte es schnell vorbei sein mit der Ruhe am Berger Feld. Der nächste Gegner heißt FC Augsburg, ein Club, mit dem man sich zumindest auf Augenhöhe wähnen sollte, wenn man das Ziel des Klassenerhalts erreichen will.

Auch die Partie danach in Leverkusen ist überraschend zu einem Kellerduell mutiert, da die Bayer-Werkself bisher vollständig hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist und nur Rang 15 in der Tabelle belegt. Trotzdem hat die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane eine Menge Qualität im Kader, sicherlich mehr als der FC Schalke 04.

Es müssen also irgendwie Erfolge her, um aufkommende Diskussionen über die Erstliga-tauglichkeit von Trainer und Mannschaft im Zaume zu halten. Das wäre auch gut für das sprichwörtlich nervöse Umfeld aus Fans und Medien, die schon immer schnell murrend ihren Teil dazu beigetragen haben.