Über das Versagen der konföderierten Geldpolitik im US-Amerikanischen Bürgerkrieg

Der ultimative Zusammenbruch der Politik der [konföderierten] Regierung bestand darin, dass sie nicht erkannte, dass die Währungsemission ihre zweckmäßigste Methode gewesen wäre, Ressourcen richtig einzusetzen.

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1-Dollar-Banknote der Konföderierten Staaten aus dem Jahr 1862


Obwohl eine schwere Inflation die Folge war und eine weit verbreitete Unzufriedenheit entstand, nahm die Regierung keine alternative Politik an. Am Ende lähmte sie damit den effektivsten Weg sich neue Ressourcen zu beschaffen, und ihre Finanzen kollabierten, als sie ihre Gläubiger nicht mehr für Waren und Dienstleistungen bezahlen konnte.

Godfrey (1978), S. 37

Die Geschichte der öffentlichen Finanzen der Konföderation ist eine der großen und anhaltenden Haushaltsdefizite, der sich ausweitenden Schulden, explodierender Inflation und einer entwerteten Währung.

Angesichts dieser desaströsen Situation scheint es eher widersinnig zu sein anzunehmen, dass die monetäre Expansion im Süden durchweg zu konservativ ausgefallen war. Doch könnte es wirklich der Fall gewesen sein, dass das finanzielle Versagen der Konföderation und damit am Ende auch die militärische Niederlage durch eine zu geringe Ausdehnung der Geldmenge verursacht wurde?

Zwischen Januar 1861 und Januar 1865 explodierten die Preise in den US-Südstaaten. Schätzungen des Preisniveaus im Süden deuten darauf hin, dass die Preise in dieser Phase um etwa 5.000 Prozent oder ca. 9 Prozent pro Monat gestiegen sind. Es überrascht nicht, dass dieser drastische Preisanstieg dazu geführt hatte, dass einige Personen bei ihren Transaktionen alternative Zahlungsmittel verwendeten.

So wurden bereits im Jahr 1862 einige Transaktionen im Süden nicht mehr nur mit Banknoten der Konföderierten Staaten durchgeführt, sondern mit einer Kombination aus Schatzbriefen, oft Grayback genannt, und anderer Wirtschaftsgüter, deren Wert weniger volatil ausfiel (Lerner, 1955, S. 24).

Ein wesentlicher Grund für diese Inflation war die Abhängigkeit des Südens von der Druckmaschine, um die Differenz zwischen den Einnahmen aus Steuern und Anleihen und den Ausgaben zu decken (Burdekin & Langdana, 1993). Während der gleichen Periode erhöhte sich die Menge der im Umlauf befindlichen Schatzanweisungen um 780 Prozent, während das Gesamtangebot an Geld in der Konföderation um ungefähr 1.700 Prozent zunahm (Godfrey, 1978, S. 118-119).

Das Ergebnis dieser monetären Expansion war eine Inflationsperiode, die im Kontext der Geschichte der Vereinigten Staaten lediglich von der Inflation während des Unabhängig-keitskrieges übertroffen wurde.

Angesichts dieser Tatsachen mag es seltsam erscheinen sich zu fragen, ob die Konföderation ihren Sezessionsbestrebungen besser gedient hätte, wenn sie noch mehr Geld gedruckt hätte als sie es eh schon getan hatte. Könnte es wirklich der Fall sein, wie das Zitat von Godfrey oben andeutet, dass das finanzielle Scheitern der Regierung des Südens durch zu wenig und nicht durch zu viel monetäre Expansion verursacht wurde?

In diesem Paper geben die beiden amerikanischen Ökonomen Bryan Cutsinger und Joshua Ingber eine Antwort auf diese Frage, indem sie ein Modell eines inflationären Finanzwesens auf die Geldpolitik des Südens anwenden, um zu bestimmen, ob die Konföderation die Einnahmen aus der Seigniorage ausreichend maximierte – Einnahmen, die die Regierung durch die Verwendung von neu gedruckten Banknoten zum Kauf von Gütern und Dienstleistungen erzeugen kann.

Die primäre theoretische Erkenntnis aus der Literatur zur Inflationsfinanzierung ist die, dass die die Seigniorage maximierende Inflationsrate nicht unbegrenzt ansteigen kann (Bailey, 1956; Barro, 1972; Cagan, 1956; Friedman, 1971). Das heißt, jenseits einer bestimmten Inflationsrate werden die Grenzeinnahmen aus der Ausgabe zusätzlicher Zahlungsmittel negativ.

Die monetäre Erfahrung im Süden des Bürgerkriegs bietet eine einmalige Gelegenheit, den Inflationsfinanzrahmen aus zwei miteinander verbundenen Gründen anzuwenden. Erstens können Kriege über relativ kurze Zeiträume dramatische Auswirkungen auf wichtige makroökonomische Variablen haben, und dies war sicherlich in der Konföderation der Fall (Friedman, 1952).

Die schnellen und drastischen Veränderungen sowohl des Geldes als auch der Preise im Süden stehen einem natürlichen Experiment so nahe, wie wir es wahrscheinlich in einer Situation bekommen werden, in der die inflationäre Finanzierung die Haupteinnahmequelle der Regierung ist.

Zweitens führte die Konföderation im Laufe des Krieges drei Währungsreformen durch, die die Wachstumsrate der Geldmenge reduzierten. Diese Reformen bieten die Gelegenheit, die Auswirkungen einer strafferen Geldpolitik auf den Seigniorage-Trend zu untersuchen und damit zu schließen, ob die Konföderation von einer zusätzlichen Inflation profitiert haben könnte.

Die monetäre und fiskalische Situation der Konföderation war für die Geld- und Wirtschaftshistoriker eine fruchtbare Quelle der Wissenschaft. Der Umfang dieser Literatur reichte von der Sammlung monetärer und fiskalischer Daten für die Konföderation bis zur fortgeschrittenen ökonometrischen Analyse von Geld und Preisen in der südlichen Wirtschaft. Zu den Beiträgen des ersten Typs gehören Godfrey (1978), Lerner (1954, 1955), Schwab (1901), Smith (1901) und Todd (1954).

Godfreys Beitrag ist aus zwei Gründen für diese Forschung besonders relevant. Erstens hat Godfrey die bisher genauesten Schätzungen der Geldmenge der Konföderierten vorgelegt – Schätzungen, die für die Einschätzung des von der Konföderation gesammelten Stroms von Seigniorage entscheidend waren.

Zweitens führte seine Analyse zu der Schlussfolgerung, dass das Versäumnis des Südens, die potenziellen Einnahmen aus der Seigniorage voll auszuschöpfen, letztlich zu einem finanziellen Scheitern der Konföderation führte – eine Behauptung, für die er allerdings keine ökonometrischen Beweise vorlegte.

Die Hinweise, die mit diesem Paper vorgelegt wurden, deuten jedoch darauf hin, dass die Regierung des Südens die Einnahmen aus Seigniorage hätte erhöhen können, wenn sie die Menge der im Umlauf befindlichen Staatsanleihen erweitert hätte. Darüber hinaus liefern die Ergebnisse eine empirische Stütze für Godfreys Behauptung, das finanzielle Versagen der Konföderation sei zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass der Süden die potenziellen Einnahmen aus der Seigniorage nicht ausgeschöpft hat.

Trotz dieser Ergebnisse zeigt diese Analyse einige Einschränkungen. Erstens schränkt der Mangel an monetären Daten, die aus diesem Zeitraum zur Verfügung stehen die Fähigkeit ein, die Auswirkungen, welche die Währungsreformen und die Kriegsberichterstattung auf die Seigniorage hatten, viel genauer zu bestimmen und zu messen. Da beispielsweise die Daten zur Geldmenge nur vierteljährlich zur Verfügung standen, konnte die unmittelbare Auswirkung dieser Veränderungen auf die Einnahmen, die die Konföderation durch die Ausgabe von Währungen erhielten, nicht ermittelt werden.

Weiterhin wird diese Analyse, da der Greyback eher eine Kredit- als ein Fiat-Währung war, durch die Erwartungen der Menschen an die Wahrscheinlichkeit eines Sieges der Konföderation extrem verzerrt, obwohl die Richtung der Missdeutungen durch diese besondere Eigenschaft der Südwährung angesichts der verfügbaren Beweise schwer abzuschätzen war.

Während die Analyse darauf hindeutet, dass der Süden nicht in der Lage war, seine Einnahmen aus der Seigniorage zu maximieren, wurden allerdings keine expliziten Beweise vorgelegt, die erklären würden warum dies der Fall war. Daher lässt diese Arbeit diese potenziell interessantere Frage leider unbeantwortet.

Diese Untersuchung hat trotzdem zwei wichtige Implikationen. Erstens ist es unmöglich zu prüfen, ob das Ergebnis des Konflikts anders ausgefallen wäre, wenn die Konföderation die Einnahmen aus der Seigniorage hätte erhöhen können. Es erscheint aber nicht unvernünftig anzunehmen, dass der Krieg verlängert worden wäre, wenn der Süden Zugang zu zusätzlichen Einnahmen gehabt hätte.

Zweitens, unter der Annahme, dass der Wert des Graybacks zum Teil durch die Erwartungen der Menschen über die Wahrscheinlichkeit eines Sieges der Konföderation bestimmt wurde, und davon ausgegangen werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Erfolges des Südens zumindest teilweise eine Funktion aus der Höhe der Einnahmen durch die Seigniorage darstellte, könnte tatsächlich um eine inverse Beziehung zwischen der durch die Erwartungen bedingten Abwertung der Konföderationswährung und der Wachstumsrate der Bundesschatzanweisungen bestanden haben.

Aus Sicht der Autoren sollte sich die Zukunftsforschung in zwei Richtungen weiter entwickeln. Erstens sollte die Wissenschaft versuchen, möglichst monatliche Schätzungen sowohl der monetären Aggregate der Konföderation als auch der Schätzungen des Bruttoinlandsprodukts des Südens zu erstellen. Solche Schätzungen würden eine strengere und genauere Analyse der Geldnachfrage im Süden ermöglichen und es künftigen Forschungen ermöglichen, die Auswirkungen der Erwartungen auf den Seigniorage-Effekt genauer zu untersuchen.

Der zweite Bereich für zukünftige Forschung betrifft die oben genannten Implikationen. Es sollte versucht werden festzustellen, wie lange der Krieg weitergegangen wäre, wenn der Süden Zugang zu zusätzlichen Einnahmen gehabt hätte, und wie hoch die möglichen Kosten ausgefallen wären, die mit einem solchen Ereignis verbunden wären. Darüber hinaus sollte die Beziehung zwischen den damaligen Erwartungen und der Wachstumsrate der Staatsanleihen weiter untersucht werden.

(eigene Übersetzung aus dem oben verlinkten Paper)

PS: Eine meiner Ansicht nach aus geldtheoretischer Sicht sehr interessante Arbeit, die sich mit meinen Schlussfolgerungen aus dem Beitrag über den realen inneren Wert einer Währung zumindest teilweise deckt:

Volkswirtschaftlich gesehen repräsentiert damit die Geldmenge (die Gesamtheit aller Währungseinheiten) nichts anderes als das Bruttosozial-(bzw. inlands-)Produkt eines Staates. Das aber impliziert enorme wirtschaftspolitische Konsequenzen: ein steigendes BIP muss demnach immer mit einer steigenden Geldmenge (bzw. Schulden! da ja Geldvermögen = Schulden) einhergehen. Umgekehrt verhält es sich genauso: eine schrumpfende Geldmenge bedeutet nichts anderes als ein zurückgehendes BIP!

Das richtige politische Verhalten bei anhaltender Massenarbeitslosigkeit wäre dann also genau das Gegenteil dessen, was uns täglich immer wieder gepredigt wird: wenn nur ein anwachsendes BIP Erwerbstätigkeit generiert, müsste man also umgangssprachlich solange Geld drucken (und auch ausgeben!!), bis tatsächlich Vollbeschäftigung herrscht und die komplette Auslastung aller Kapazitäten erreicht ist, ohne dabei Angst vor ansteigender Inflation haben zu müssen!!

Schade nur, dass den Autoren offenbar nur unzureichende Daten über die Produktionskapazitäten der Konföderation und deren Auslastung vorlagen. Die galoppierende Inflation während des Krieges lässt nämlich darauf schließen, dass diese wahrscheinlich schlicht aus Mangel an Arbeitskräften, aber auch wegen der oben erwähnten Knappheit an Geld durchgehend überbeansprucht wurden.

Ein weiterer Grund für die Inflation dürfte auch in der Seeblockade des Nordens zu finden sein, die für eine enorme Güterknappheit während des gesamten Krieges sorgte, da die wenigen Blockadebrecher häufig nur teure Luxusartikel an Bord hatten.

In der heutigen Zeit sollte in den Industriestaaten mit Massenarbeitslosigkeit und nahezu grenzenlosem Produktangebot eine solche gravierende Inflation eigentlich die geringste aller Sorgen sein. Erstaunlich, wie leicht Politik und Medien trotzdem immer wieder auf diese Ängste anspringen.