Seit 1982 blieben die Löhne in Deutschland fast durchweg hinter der Produktivität zurück, die Aus-wirkungen der Agenda 2010 verstärkten diesen Trend später noch. Keine Bundesregierung hat seitdem aktiv gegen diese Entwicklung gearbeitet.

Schon unter Helmut Kohl (Kabinette Kohl I bis V) ging es vielmehr hauptsächlich darum, mit den Ge-werkschaften möglichst „moderate“ Lohnsteigerungen auszuhandeln bzw. die „Produktivität für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu reservieren“.
Die Regierung Schröder setzte diese Strömung trotz weiter steigender Erwerbslosigkeit durch das Bündnis für Arbeit nahtlos fort und ließ sie schließlich in der Agenda 2010 gipfeln. Außer bei einigen homöopathischen Minieingriffen verfolgten die Merkel-Kabinette diese Politik weiter und prägten dabei nicht nur die Bewältigung der Euro-Krise entscheidend.
Die Agenda 2010 und die Hartz-Reformen, die weiterhin als Erfolgsmodell ausgegeben werden, sind das Resultat einer langjährigen Umdeutung der ökonomischen Wirklichkeit.
Die ökonomischen und ideologischen Konsequenzen wirken mittlerweile folgenschwer auf ganz Europa. Eine Wende braucht es vornehmlich in den Köpfen.
Die Agenda 2010 und der eigentliche Ort notwendiger Reformen
Leider fand diese „Wende in den Köpfen“ unter dem Mehltau der Merkel-Jahre nicht mehr statt. Nach der Angebots-Inflation durch die Corona-Krise und dem Beginn des Krieges in der Ukraine scheint es mehr denn je fraglich, ob ein solcher Politikwechsel überhaupt erwünscht ist.
Sowohl das neue Kabinett „Merz 1“ (vor allem der Chef selbst und sein Generalsekretär Carsten Linnemann) als auch die üblichen „Wirtschaftsexperten“ beten mal wieder die alten Rezepte der Agenda 2010 dem ahnungslosen Publikum rauf und runter. Die Nachfrageseite aka höhere Löhne fällt dabei natürlich erneut hinten rüber, wie in Deutschland nun mal in der Tradition der Agenda 2010 üblich.