Siege gegen Hannover und Galatasaray: die endgültige Wende zum Besseren?

Nach dem zumindest in der zweiten Halbzeit verdienten Erfolg über Hannover 96 und einem souveränen 2:0 gegen den türkischen Meister in der Champions League deutet vieles darauf hin, dass der S04 endlich den „Turnaround“ geschafft hat.

AUT vs. TUR 2016-03-29 (177)
Galatasaray-Coach Fatih Terim

Die Schockstarre war für jeden in der Veltins-Arena geradezu körperlich spürbar. Vor nicht einmal 13 Minuten hatten die Blau-Weißen mit viel Mühe und einigen vergeblichen Versuchen endlich die lang ersehnte Führung gegen die 96er per Elfmeter erzielt, da reichte eine kollektive Unkonzentriertheit in der Defensive, um der Mannschaft von Ex-S04-Trainer Andre Breitenreiter den Ausgleich zu ermöglichen.

Doch die Erlösung kam dieses Mal Gott sei Dank umgehend. Schon im Gegenzug stellte Breel Embolo auf Vorlage von Guido Burgstaller den alten Abstand wieder her. Der (ungemein erleichterte) Jubel auf den Rängen war entsprechend lautstark. Denn viele Fans hatten sicherlich zuvor dieses zuletzt so oft gespürte „Nicht-schon-wieder!“ gefühlt, denn nur ein Sieg gegen Hannover konnte dazu beitragen, die Ergebnis-Krise der Tedesco-Truppe endgültig zu überwinden.

Als dann noch Mark Uth seinen lang ersehnten ersten Treffer in Königsblau ablieferte und damit auch gleichzeitig die endgültige Entscheidung herbeiführte, kannte die Begeisterung unter den Schalke-Supportern keine Grenzen mehr. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten die Knappen diese Begegnung noch aus der Hand gegeben. Einen kleinen Vorgeschmack dazu bedeutete das nicht mehr zu überhörende Pfeifen zum Pausentee, nachdem die Mannen um Kapitän Benjamin Stambouli bis dahin eine eher überschaubare Leistung abgeliefert hatten.

Dank eines frühen Tores durch Guido Burgstaller gelang es den Blau-Weißen, das Momentum des Erfolges aus der Bundesliga auch auf die europäische Ebene mitzunehmen. Durch diese Führung bereits in der 4. Minute und einer nachfolgenden selbstbewussten und taktisch sowie spielerisch überzeugenden Leistung konnte man den türkischen Meister Galatasaray Istanbul fast mühelos in Schach halten.

Zwar blieb es lange bei diesem dünnen 1:0, doch zur Enttäuschung ihrer zahlreich angereisten Fans waren die Kicker vom Bosporus eigentlich nie in der Lage, nachhaltige Gefahr für den Kasten von U21-Nationaltorhüters Alexander Nübel, der einmal mehr den verletzten Stammkeeper Ralf Fährmann anstandslos vertrat, zu erzeugen. Schalke hatte das Spiel jederzeit im Griff, wie man so schön zu sagen pflegt.

Doch was sind die Gründe, warum Trainer Domenico Tedesco und seine Truppe nun anscheinend tatsächlich die Wende zum Guten geschafft haben? Nun, einfach so lässt sich diese Frage offenbar nicht erklären. Zumindest mir erscheint es so, als habe sich die Mannschaft endlich zusammengefunden und einige offene Konflikte zumindest fürs Erste beilegen können.

Erstaunlicherweise ist mit diesen Entscheidungen vor allem der Name Salif Sanè verbunden. Seitdem der senegalesische Nationalspieler seine Form nach einem eher mauen Einstand in Gelsenkirchen stabilisieren konnte, geht es mit Schalke 04 stetig aufwärts. Opfer dieser Leistungssteigerung scheint ausgerechnet der Brasilianer Naldo zu sein, in der letzten Saison noch der beste Defensivmann der gesamten Liga.

Auch die Umstellung zurück zur Dreierkette sowie die Rückkehr des Franzosen Benjamin Stambouli könnten ihren Teil zur Festigung des Abwehrverhaltens der Knappen beigetragen haben. Ebenso der erzwungene Ausfall (5. Gelbe Karte und eine wohl längerfristige Verletzung am Sprunggelenk) von Hamza Mendyl, der neben gelungenen Ansätzen leider genauso häufig überfordert zu sein schien. Alessandro Schöpf erledigte seinen Job auf der linken Seite bisher eher unauffällig aber offenbar sehr effektiv.

Auf der rechten Außenbahn konnte man zudem eine enorme Leistungssteigerung bei Daniel Caligiuri konstatieren. Nachdem er zuvor jegliche Ähnlichkeiten mit sich selbst vor einem Jahr hartnäckig geleugnet hatte, legte er nun wieder kräftig zu. Die Erfolge in dieser Woche scheinen die Wichtigkeit des Deutsch-Italieners für die Mannschaft zu bestätigen.

Ein weiterer Knackpunkt im Gefüge der Schalker war das zentrale Mittelfeld. Defensiv standen sich hier bisher Nabil Bentaleb sowie die beiden Neuzugänge Sebastian Rudy und Omar Mascarell gegenseitig auf den Füßen. Momentan scheint der Algerier nun die erste Wahl zu sein, mit Rudy und dem Spanier in dieser Reihenfolge dahinter. Auch wenn Tedesco hier zeitweilig noch zwischen den beiden Erstgenannten pendelt, hat sich das Positionsgerangel damit wohl erst einmal erledigt.

Gleiches gilt für die beiden Achter-Positionen, die der Coach nun oft mit Amine Harit und Mark Uth besetzt. Vor allem der Schachzug mit dem ehemaligen Hoffenheimer Stürmer scheint sich jetzt auszuzahlen. Hinter den Spitzen Burgstaller und Breel Embolo zeigt Uth hier sowohl Kreativität als auch Torgefährlichkeit, Eigenschaften, die dem Schalker Spiel in den ersten Begegnungen fast völlig abgingen.

Insgesamt hat die Stabilität in allen Mannschaftsteilen enorm zugelegt, erkennbar an nur einer Niederlage (gegen Bremen) in den letzten neun Pflichtspielen bei lediglich vier Gegentoren. Doch die nächste schwere Prüfung dieser (wieder-)gewonnenen Souveränität steht nun bevor: Sonntag geht es zur Frankfurter Eintracht, aktuell immerhin Tabellen-fünfter in der Bundesliga und in der Vorsaison ein sehr unangenehmer Kontrahent, man denke nur an das Pokalaus im Halbfinale auf heimischen Rasen. Zeit also, die neue Stärke auch gegen die Hessen unter Beweis zu stellen!