Schalke 04: Auch mit Di Matteo wachsen die Bäume offenbar noch nicht in den Himmel

Es hatte schon etwas Deprimierendes: als Bayer Leverkusen am Samstag in der 53. Minute durch einen Freistoß von Hakan Calhanoglu in Führung ging, war die Reaktion der Schalker: so gut wie keine.
Zwar versuchte man nun aus der völlig passiven Defensivformation herauszukommen, doch gefährlich vor das Leverkusener Tor kam man damit nicht.

BayArena in Leverkusen

Die Art und Weise, wie der S04 nach dem Rückstand versuchte, in den offensiven Modus umzuschalten, dürfte nicht nur Neu-Trainer Roberto Di Matteo einige Kopfschmerzen bereitet haben.

Sicherlich setzten sie seine zurückhaltende Konzeption über mehr als fünfzig Minuten durchaus gut um, ließen Bayer zwar einiges an Raum und Ballbesitz, aber nicht viel vor dem eigenen Tor zu. Und wenn die Bellarabi, Kießling, Son, Calhanoglu und Co. dann doch mal durchkamen, stand da noch der wieder einmal glänzend aufgelegte Ralf Fährmann im Schalker Kasten.

Nach dem Abwehrdebakel in der Champions League gegen Sporting Lissabon hatte es Di Matteo offenbar vor allem darauf abgesehen, in der Defensive diesmal vernünftig zu stehen. Und da die Schalker diese Vorgabe durchaus annehmbar umsetzten, sahen die Zuschauer in der BayArena eine erste Halbzeit mit Vorteilen für die Gastgeber, aber ohne die ganz große Gefahr vor den Toren.

Als dann allerdings der überragende Calhanoglu während der Leverkusener Druckphase nach der Pause den Führungstreffer für die Werkself erzielte, offenbarten die Blau-Weißen erhebliche Probleme bei dem Versuch, darauf eine angemessene offensive Antwort zu finden.

Lang und „schmutzig“ nach vorn gedroschene Bälle ersetzen nun mal keinen geordneten Spielaufbau, der besonders über die beiden Innenverteidiger Höwedes und Ayhan, aber auch über die „Sechser“ Höger und Neustädter nicht funktionierte.

Chinedu Obasi, gegen die Portugiesen noch auffälligster Offensivakteur auf dem Platz, musste kurz nach dem Gegentreffer für Sidney Sam weichen, obwohl er mir nicht schlechter erschien als die restlichen Schalker Angreifer. Doch auch der ehemalige Leverkusener Sam vermochte auf der rechten Seite keine wirklichen Impulse nach vorn zu setzen.

Etwas irritiert war ich über die Besetzung der 10er-Position: nach dem Verletzungsausfall von Kevin-Prince Boateng war klar, dass Di Matteo hier eine Änderung vornehmen musste. Doch die Hoffnung, dass Max Meyer nun endlich seine Chance von Anfang an erhalten würde, zerschlug sich rasch. Wie schon zeitweilig in der Champions League übernahm Choupo-Moting die Offensiv-Zentrale.

Doch auch das erwies als Fehlgriff, der Kameruner ging eher sang- und klanglos bei den nicht vorhandenen Schalker Angriffsbemühungen unter. Und so muss man sich so langsam die Frage stellen, was Max Meyer wohl getan haben muss, um bei Di Matteo lediglich noch die dritte oder vierte Wahl zu sein. Es scheint mir inzwischen, als wäre er der Hauptverlierer des Trainerwechsels, unter Jens Keller noch Stammspieler im offensiven Mittelfeld, nun aber zum Bankdrücker mutiert.

Offensichtlich passt er nicht in die bisherige Maurertaktik des neuen Trainers, dem es wohl vor allem um das Anrühren des richtigen Betons geht. Sicherlich war die wackelige Abwehr eines der Hauptprobleme, dass er von seinem Vorgänger übernommen hat, doch mit einem so strikt defensiv ausgerichteten Konzept kann man nun mal keine Spiele gewinnen.

Dabei sollte man natürlich auch nicht vergessen, dass ein planvoller Spielaufbau auch bei Jens Keller eher nicht vorgekommen ist. Und da mit Joel Matip und Prince Boateng momentan ausgerechnet die Spieler, die bisher wenigstens für einige Lichtblicke in dieser Disziplin gesorgten hatten, verletzungsbedingt fehlen, werden die Defizite hier noch mehr sichtbar.

Und selten wurde ein Jefferson Farfan, der mit seiner Schnelligkeit und Ballsicherheit auf der rechten Seite für ständige Unruhe sorge konnte, wenn offensiv gar nichts anderes mehr ging, mehr vermisst als heute. Weder Sidney Sam, dem offenbar noch immer die Formkrise aus seiner Leverkusener Zeit nachläuft, als auch der Nigerianer Obasi können ihn bisher auf dieser Position auch nur annähernd ersetzen.

Und da auch Nationalspieler Julian Draxler seit der letzten Saison beständig unbeständig auftritt, wirkt das Offensivspiel der Schalker wie zu Kellers Zeiten völlig abhängig zu sein von den individuellen Leistungen der Akteure. Gegen Leverkusen reichte dies dann wieder einmal nicht aus.

Doch bei aller Kritik hege ich natürlich noch die Hoffnung auf Besserung, wie schon einmal erwähnt kann man einfach nicht davon ausgehen, dass Di Matteo in ein paar Wochen all das bewältigen kann, was sein Vorgänger in zwei Jahren nicht geschafft hat.

Wenn man seine Aussagen für voll nimmt, hat er ja schon die Problematik der fehlenden Offensive durchaus erkannt, aber richtigerweise die Stabilisierung der Abwehr bisher für wichtiger gehalten. Da kann man ihm auch nicht wirklich widersprechen, Grundlage jeden Erfolges ist nun mal zuallererst eine stabile Defensive.

Momentan erscheint es mir daher eher so, als würde Di Matteo erst einmal experimentieren, wer ihm wohl auf den offensiven Positionen am besten geeignet erscheint. Und da er nun mal keine Freundschaftsspiele dafür zur Verfügung hat, muss das natürlich im laufenden Betrieb passieren. Eigentlich auch verständlich, dass es da mal nicht wirklich passen mag.

Trotzdem sollte man ihn vielleicht noch einmal daran erinnern, dass nur Beton anrühren auf Schalke nicht ausreicht. Gegen Augsburg und auch danach in Lissabon und Freiburg wird wohl etwas mehr Initiative von den Blau-Weißen gefordert werden. Es wäre ganz gut, wenn sie das bis dahin ein wenig besser beherrschen würden.