S04: Über die Systemfrage, die verpassten Saisonziele und die heimliche Hoffnung Jefferson Farfan

0:0 in Augsburg, Rang 5 mit acht Punkten Rückstand auf Bayer Leverkusen, zehn auf Borussia Mönchengladbach. Wer jetzt noch von der Champions League redet, hat noch nicht erfasst, dass der FC Schalke 04 genau da steht, wo er leistungsmäßig momentan auch hingehört.

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Im letzten Beitrag schrieb ich von der Serie, die die Gelsenkirchener starten müssten, um doch noch das ersehnte Saisonziel, die Königsklasse des europäischen Fußballs, erreichen zu können. Dabei vergaß ich allerdings, dass die Mannschaft bereits längst in einer ganz anderen Serie gefangen ist, aus der sie sich offenbar nicht befreien kann. Einer Serie von überwiegend nicht gewonnenen Spielen, seit dem 1:0 gegen Gladbach am 20. Spieltag nämlich ist Schalke nur noch ein Erfolg in der Bundesliga geglückt.

Während in Gelsenkirchen alles davon redet, endlich erfolgreich sein zu wollen, versinkt das Team längst im Mittelmaß. Vor einigen Wochen noch schienen Leverkusen und Gladbach durchaus erreichbar zu sein, inzwischen setzen auch die unverbesserlichsten Optimisten nur noch auf das Prinzip Hoffnung.

Spieltag für Spieltag zeigt sich eine Truppe von Einzelkämpfern immer wieder selbst ihre Grenzen auf, begleitet von einem schier unbegreiflichen Verletzungspech. Auch in Augsburg schlug dieses wieder zu, und es erwischte ausgerechnet abermals Leon Goretzka, der nach langer Leidenszeit gerade erst wieder Anschluss gefunden hatte.

Auch wenn man die Leistungen der Gesunden damit nicht entschuldigen kann, zieht sich diese Misere wie ein roter Faden durch die gesamte Saison. Bis zu zehn Spieler und mehr immer wieder zu ersetzen, da kommt auch der breiteste Kader irgendwann an seine Grenzen.

Und wenn dann die Etablierten mit Formkrisen kämpfen und Ergänzungsspieler eben nur Ergänzungsspieler sind, so muss man sich letztlich nicht darüber wundern, dass es nur fürs Mittelmaß reicht, egal welcher Trainer nun auf der Bank sitzt. Und von der erfolgreichen Implementierung eines Systems kann man dann auch nicht mehr reden, denn dieses steht und fällt logischerweise mit den Spielern, die es ausfüllen sollen.

So war es denn auch nur folgerichtig, dass Roberto Di Matteo zur Halbzeit in Augsburg nicht nur das Personal, sondern auch gleich die Taktik wechselte. Da für einen reinen Rechtsaußen wie Jefferson Farfan in einem 5-3-2 kein Platz vorgesehen ist, musste dieser mit der Systemumstellung geschaffen werden.

Und natürlich war es dann auch kein Zufall, dass mit einem frischen Farfan die beste Phase des Schalker Spiels folgte, die eigentlich bei konsequenter Chancenausnutzung auch zum Sieg hätte reichen müssen. Der Peruaner bewies zudem eindrücklich, wie groß die Leistungsunterschiede innerhalb des Gelsenkirchener Kaders sind.

Somit wird der gerade erst genesene Rechtsaußen für mich zu einer Art heimlicher letzter Hoffnung, an die man sich klammern kann, um die (wenn man ehrlich ist, eigentlich längst verpassten) Saisonziele doch noch nicht aufgeben zu müssen. Allerdings ist das nicht mehr als ein Strohhalm, der viel eher knicken kann als das er der Belastung standhalten würde.

Schließlich wäre es doch etwas viel verlangt, ausgerechnet von einem der Langzeitverletzten sofort wieder die nötige Form zu erwarten, um das Ruder noch herumreißen zu können. Ebenso unklar ist auch die Frage, ob Di Matteo die notwendige Systemumstellung derart konsequent umsetzen wird, dass Jefferson Farfan auch die Chancen erhält, seine Qualitäten entsprechend zur Geltung bringen zu können.

Im Gegensatz zur Rückrunde in der letzten Saison muss man stattdessen nüchtern konstatieren, dass es nicht richtig „rund“ läuft. Ein Torwart, dessen Fehler einige Punkte kosteten, zwei Stürmer, die seit Monaten das Tor nicht mehr treffen, ein Führungsspieler, der zumeist nur noch auf der Bank sitzt, dies sind nicht die Zutaten für den richtigen Cocktail, der noch zu echten Höhenflügen verleiten könnte.

So muss denn nun unbedingt ein Sieg über den SC Freiburg her, will man die theoretische Chance auf die Champions League nicht endgültig verspielen. Dass das nicht leicht werden wird, dürfte aus oben genannten Gründen klar ersichtlich sein.

Wer dann am Ende die Schuld für das sich anbahnende „Desaster“ tragen wird, ist jetzt noch nicht die Frage. Nach dem letzten Spieltag aber wird diese Thema mit Sicherheit auf den Tisch kommen. Und da ich Trainer Di Matteo nach nur halbjähriger Amtszeit nicht in Frage stellen will, sollten sich die Herren Heldt und Tönnies schon mal warm anziehen. Ein paar unangenehme Aspekte ihrer Transferpolitik der letzten Jahre könnten da der Aufklärung harren.