S04 – BVB: Das Revierderby als Spiegelbild dieser Saison

Eine erste Halbzeit zum Vergessen, dann aber zwei Mal einen Rückstand aufgeholt. Der FC Schalke 04 zeigte beim Derby gegen Lüdenscheid eher wenig guten Fußball, dafür aber umso mehr Moral und Einstellung, als es darauf ankam.

Schalke 04 Fans

Symptomatische Szene für das Spiel der Blauen: in der 71. Minute schiebt der eingewechselte Max Meyer einen an sich einfachen Querpass an der Mittellinie so schlampig in Richtung Pierre-Emile Hojbjerg, dass dieser sich in einem unnötigen Zweikampf gegen Henrikh Mkhitaryan eine völlig überflüssige Gelbe Karte abholen muss, um ein Durchbrechen des Dortmunder Spielmachers noch zu verhindern.

Eine Szene zum Haareraufen, aber eben auch typisch für die Schalker Probleme. Solche Unzulänglichkeiten sah man am Samstag wieder einmal recht häufig, vorzugsweise immer dann, wenn man gegen eine Mannschaft antreten muss, die ein sehr hohes und frühzeitiges Pressing pflegt.

Schon in Ingolstadt konnte man bewundern, mit wie vielen Schwierigkeiten die Blau-Weißen zu kämpfen haben, wenn sie im Spielaufbau früh behindert werden. Fahrig und ungenau nehmen dann die Fehlpässe zu, selbst einfache Zuspiele landen oft beim Gegner.
Auch die Dortmunder nutzten diese Schalker Schwäche, um das Angriffsspiel der Gelsenkirchener in Durchgang Eins nahezu vollständig zu neutralisieren.

Schalke reagierte hilflos, die Vorwärtsbewegung brach fast völlig zusammen und es wurde wieder einmal das Heil in Rückpässen zum Torwart gesucht. Schon erstaunlich, wie viele Missverständnisse es in dieser Phase gab, als wenn die Mannschaft erst seit einigen Tagen zusammenspielen würde.

Inwieweit hier das von Andrè Breitenreiter diesmal bevorzugte 3-4-3-System mit insgesamt sieben(!) eher defensiv ausgerichteten Akteuren zusätzlich Probleme bereitete, lässt sich natürlich nur schwer abschätzen, doch das Fehlen eines zentralen Mittelfeld- regisseurs erschwerte den Spielaufbau erheblich. Erst mit der Hereinnahme von Max Meyer als „10er“ verbesserte sich dieses Manko sichtbar.

Immerhin reichte es noch zu Einzelaktionen, so traf Leroy Sanè nach einer guten halben Stunde nur den Außenpfosten und Junior Caicaras Schuss strich fünf Minuten vor der Pause knapp am BVB-Gehäuse vorbei.

Erst nach der Unterbrechung wurde das Derby wirklich zum Derby. Sanè und Klaas-Jan Huntelaar glichen die jeweiligen Führungen durch Kagawa und Ginter aus und Meyer hatte in der Nachspielzeit die Riesenchance auf den späten Siegtreffer. Nun stimmten Einsatz, Willen und Kampfgeist plötzlich wieder und man konnte rennen, passen, Druck machen; alles das, was vorher nicht funktionierte.

Und da kann man dann die Parallelen zwischen Derby und bisherigem Verlauf der Saison sehr gut erkennen: Viel zu viele Spiele, in denen es von Schalker Seite nur so „dahin- plätscherte“, wo der unbedingte Wille zum Erfolg fehlte oder schnell dahinschwand. Ein stetes Hin und Her zwischen ordentlichen und unterirdischen Auftritten. Schwachen Leistungen folgten starke Spiele und umgekehrt. Das einzige, was regelmäßig auftrat, war die mangelnde Konstanz.

Interessant auch zu sehen, wie wenig die Mannschaft unter Druck in der Lage ist, die Anweisungen des Trainerteams umzusetzen. Wie bereits weiter oben angemerkt, gibt es sofort Probleme, wenn es dem Gegner gelingt, sein eigenes hohes Pressing durchzusetzen. Da Breitenreiter in der Regel eine ähnliche Praxis bevorzugt, sind vor allem die Spieler gefordert, dieses System dann auch den Kontrahenten aufzuzwingen.

Klappt das nicht, wird es wie so oft gesehen mit dem Spielaufbau schwierig. Dann nämlich neigen die Schalker Stürmer und Mittelfeldakteure dazu, in alte Muster zu verfallen und sich gern hinter ihren Gegnern zu verstecken. Und sofort bricht das schöne Arrangement in sich zusammen und es geht wieder hinten rum über den Keeper.

Man kann nun natürlich darüber streiten, inwieweit da auch der Trainer eine Mitschuld trägt. Meines Erachtens ist das aber eher eine Qualitätsfrage des Kaders, zumal uns dieses Problem ja schon seit längerem beschäftigt. Insofern halte ich die momentan mal wieder aufkochende Diskussion um die Zukunft von Andrè Breitenreiter und mögliche Nachfolger (Weinzierl, Favre) für übereilt und wenig hilfreich. Lassen wir doch am Ende lieber den neuen Sportdirektor Christian Heidel entscheiden, ob er mit diesem Trainer weitermachen will…