Portugal – du machst es doch wohl besser…

Am Rande Europas tut sich Wundersames: Die portugiesische Linksregierung düpiert den neoliberalen Mainstream, macht in den Augen sparwütiger Liberalisierer alles falsch und liefert eine positive Nachricht nach der anderen.

Praia da Rocha, Portimão 2
Auch der Tourismus boomt:
Praia da Rocha (Beach of the Rocks) in Portimão, Algarve, Portugal.


Wer zähmt hier wen? Im Praxistest zu betrachten sind in Europa derzeit zwei Extremvarianten. Die eine, in Griechenland, sorgt regelmäßig für Schlagzeilen: Immer neue Sparrunden führen zu immer neuen Problemen, sinnlose Privatisierungen machen den Staat noch ärmer als er ohnehin schon ist. In diesen Tagen muss Premier Alexis Tsipras unter vielem anderen die 23. Rentenkürzung durchsetzen, und in den Schulen soll das kostenlose Mittagessen gestrichen werden.

Den Gegenentwurf liefert Portugal, und der ist so erfolgreich, dass die bürgerlichen Kassandrarufer erst einmal Abbitte leisten und zurückrudern müssten. „Das klingt phantastisch“, schrieb die FAZ im Spätherbst 2016, als die neue Regierung in Lissabon ihre ersten Pläne präsentiert hatte, und der Sarkasmus quoll zwischen den Zeilen hervor.

Rote Rebellen

Was ist da los am westlichsten Zipfel Europas? Während der ökonomische Mainstream wieder einmal wie ein Kaninchen vor der Schlange nur auf die schier aussichtslose Situation in Griechenland starrt, vollzieht sich von den großen Medien nahezu unbemerkt in einem der anderen europäischen Krisenstaaten ein nicht für möglich gehaltenes Wunder.

Die portugiesische Linksregierung hat anscheinend dafür gesorgt, dass entgegen aller neoliberalen Warnungen die Wirtschaft in dem kleinen Staat auf der iberischen Halbinsel sogar noch stärker als erwartet wächst.

In Deutschland werden diese Erfolge aber wohlweislich möglichst unter dem Teppich gehalten, nur kleine regionale Blätter berichten darüber. Eher linksgerichtete Blogger sind da schon wesentlich informativer und mitteilungsfreudiger als die großen Medienhäuser. Nicht ohne Grund, hatte doch Wirtschaftsminister Wolfgang Schäuble letztes Jahr die Portugiesen noch dringend davor gewarnt, den einmal eingeschlagenen Weg der „Reformen“ zu verlassen und dadurch das Vertrauen der Investoren zu verlieren.

Doch entgegen dieser Kassandra-Rufe hat sich die Regierung unter Premierminister Antonio Costa ohne eine offene Konfrontation mit der EU-Kommission als eine Referenz gegen den Austeritätswahn etabliert.

Und selbst abseits der breiten deutschen Öffentlichkeit musste sogar die eher konservative Konrad-Adenauer-Stiftung zugeben, dass sich Portugal unter der Linksregierung durch „politische Stabilität und Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung“ auszeichne.

Die üblichen neoliberalen Versuche, die positiven Aspekte dieser ökonomischen Wende mit Hinweis auf die „dramatisch steigenden Schulden“ schlecht zu reden, klingen angesichts der weit mehr angestiegenen Verschuldung Griechenlands trotz Vollzugs vieler „Strukturreformen“ unglaubwürdig und nach sinnlosen Rückzugsgefechten, beginnen doch selbst die ersten privaten Investoren vorsichtig wieder ein Auge auf Portugal zu werfen…