Fatale Irrtümer des finanziellen Fundamentalismus – freie Kapitalmärkte sorgen für wirtschaftliches Gleichgewicht

Dollar symbol

Eine Abhandlung über die Ökonomie der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage

Irrtum Nr. 7: Freie Kaptalmärkte und „solide“ Geldpolitik reichen aus, um ein allgemeines wirtschaftliches Gleichgewicht und damit Wohlstand zu schaffen

Viele bekennen sich zu dem Glauben, dass, wenn nur die Regierungen aufhören würden sich ins Wirtschaftsgeschehen einzumischen und ihre Haushalte ausgleichen würden, die freien Kapitalmärkte von ganz allein Wohlstand bringen, gegebenenfalls mit Hilfe einer „soliden“ Geldpolitik.

Es wird stattdessen angenommen, dass es einen Marktmechanismus gibt, mit dem die Zinsen zeitnah und automatisch die Spar- und Investitionspläne in ähnlicher Weise anpassen, wie der Preis für Kartoffeln das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Markt aussteuert.

In Wirklichkeit existiert aber keine solche automatische Vorrichtung auf dem Markt; es erfordert im Gegenteil die bewusste Intervention durch die Geld- und Fiskalpolitik, um ein erfolgreiches Gleichgewicht zu erreichen.

In der Blütezeit der industriellen Revolution wäre es den Währungsbehörden wahrscheinlich noch möglich gewesen, die Zinsen so anzupassen, um die aggregierten Sparpläne und die geplanten Investitionen so am Bruttoinlandsprodukt (BIP) wachsen zu lassen, wie es zu einer Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung notwendig gewesen wäre.

Im allgemeinen scheiterte die Geldpolitik allerdings auch damals schon daran, die Notwendigkeit solcher Maßnahmen zu erkennen und verfolgte stattdessen Ziele wie die Erhaltung des Goldstandards oder des Wertes ihrer Währung in Bezug auf ausländische Devisen oder der Finanzanlagen auf den Kapitalmärkten. Das Ergebnis war in der Regel, dass Anpassungen an Schocks nur sehr langsam und qualvoll über Arbeitslosigkeit und den Konjunkturzyklus erfolgten.

Aktuelle Realität: Die Zeit ist längst vorbei, in der selbst die niedrigsten Zinsen durch die Kapitalmärkte genug profitorientierte Nettoinvestitionen anzuregen vermochten, um diese über einen längeren Zeitraum in Einkommen zu absorbieren und zu recyceln, damit die Ersparnisse ausgeglichen werden können, die die Menschen zur Seite legen wollen, um das Wohlstandsniveau ihrer verfügbaren persönlichen Einkommen zu erhalten.

Technologietrends, Nachfrageverhalten und Demographie haben eine Lücke entstehen lassen zwischen den Summen, für die der Privatsektor profitable Investitionen in produktive Anlagen zu finden versucht und den immer größer werdenden Ersparnissen, mit denen Individuen für den Ruhestand und andere Zwecke vorsorgen wollen. Dieser Abstand hat sich als viel zu groß erwiesen, als das er durch Währungs- oder Kapitalmarktanpassungen noch zu schließen wäre.

Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Lücke zwischen dem privaten Angebot und der privaten Nachfrage nach Vermögenswerten einen immer größer werdenden Anteil des BIPs ausmacht. Dieser Abstand wurde zudem noch durch das Außenhandelsbilanzdefizit (der USA) erweitert, welches zu einer Verminderung des Bestands der inländischen Aktiva führte, die inländischen Investoren noch zur Anlage zur Verfügung standen.

Um eine Wirtschaft auf einem bestimmten ausgeglichenen Niveau des BIPs zu halten, ist dann die Bereitstellung zusätzlicher Mittel entweder in Form von Staatsverschuldung oder Nettoauslandsinvestitionen notwendig, um diese wachsende Lücke zu füllen.

Es gibt Hinweise darauf, dass dieses Verhältnis in absehbarer Zukunft eher weiter steigen wird. Damit spielt es auch eine wichtige Rolle bei möglichen Entscheidungen, inwiefern die Sozialversicherungen noch eine minimale Höhe der Alterssicherung bereitstellen können.

In Ermangelung einer Veränderung in den Strömen der Nettoauslandsinvestitionen wird die Regierung das Recycling von Einkommen durch aktuelle Defizite von etwas mehr als dem gewünschten Wachstum des nominalen BIPs benötigen, um die Wirtschaft im Gleichgewicht zu halten.

Das Beschneiden der Defizite wird dagegen das Wachstum ersticken. Ein ausgeglichener Haushalt würde daher eher dazu führen, das Wachstum des nominalen BIPs ganz zu stoppen, und die Gegenwart von Inflation würde einen Rückgang des realen BIPs und einen entsprechenden Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge haben.

(Grundlage dieser Reihe ist der Artikel 15 Fatal Fallacies of Financial Fundamentalism von William Vickrey)