Tja, irgendwie hatte ich mir diesen Saisonstart des FC Schalke 04 doch etwas anders vorgestellt.
Ein Unentschieden gegen den schwachen HSV, eine depremierende Niederlage in Wolfsburg, eine unnötige Schlappe bei Hannover 96 und ein eher beschämendes Weiterkommen in der Champions League Qualifikation gegen den eh nur nachgerückten Aussenseiter PAOK Saloniki.
Was ist da passiert?
Nur ein Punkt aus drei Bundesliga-Spielen und zwei peinliche Auftritte auf europäischem Parkett, das ist für einen Verein, der in der vergangenen Saison Vierter wurde und seinem Selbstverständnis nach in die Champions League gehört, einfach zu wenig…
Es ist also davon auszugehen, dass dieses bisherige Abschneiden ihrer Mannschaft so manchem Verantwortlichen in der Geschäftsstelle der Knappen einige unruhige Stunden und Tage bereitet haben wird.
Dabei waren sich aber doch viele (der Verein, die Presse und die Fans) einig, dass man diesmal viel richtig gemacht hatte, um erfolgreich in die neue Saison starten zu können.
Auch ich gebe gerne zu, dass ich zu diesen Optimisten gehört habe, denn es gab einige durchaus vernünftige Gründe, die dazu Anlass gaben, frohen Mutes der neuen Spielzeit entgegenzusehen.
Obwohl, zwischendurch habe ich auch mal leise Kritik an der Zusammenstellung des Kaders geäußert (-> Schalker Transferpolitik: Jugendwahn?).
Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass dieses Problem offenbar doch so gravierend sein könnte…
Was also ist passiert? Woran liegt es denn nun, dass die Schalker die in sie gesetzten Erwartungen bisher nicht erfüllen können?
Ist der Trainer schuld?
Wie nicht anders zu erwarten, ist wieder der Trainer Jens Keller einer der Hauptzielpunkte der Kritik.
Bereits nach seiner Beförderung vom Jugendtrainer zum hauptamtlichen Übungsleiter für die Profis war er sofort unter Beschuss gekommen. Man warf ihm vor, er würde über zu wenig Erfahrung in der Bundesliga verfügen, er hätte kein angemessenes taktisches Konzept, ja selbst seine angebliche „Farblosigkeit“ wurden ihm vorgeworfen.
Nun ja, ich halte es allerdings für etwas verfrüht, sich hier schon ein echtes Urteil bilden zu wollen.
Sicher, es ist in den bisherigen Spielen nicht unbedingt immer eine taktische Handschrift des Trainers erkennbar, in seinen Analysen und Handlungen macht er sogar manchmal einen Eindruck von Hilflosigkeit.
Zudem war seine ziemlich exklusive Meinung, im Hinspiel gegen Saloniki in der ersten Halbzeit ein „sehr gutes“ Spiel gesehen zu haben, auch nicht gerade hilfreich.
Hat Jens Keller also wirklich zu wenig Erfahrung für eine (vermeintliche) Spitzenmannschaft der Bundesliga?
Tja, es wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen müssen, bis man das tatsächlich beurteilen kann.
Durch die erreichte Teilnahme an der Königsklasse hat Keller allerdings erst mal seinen Kopf aus der Schlinge gezogen, die ihm schon stark gedroht hatte.
Entscheidend aber für den weiteren Verbleib des Trainers, und damit auch logischerweise für die letztliche Überprüfung seiner Befähigung, werden nun die nächsten Bundesliga-Spiele sein:
Leverkusen, Mainz, Bayern…
Keine leichten Aufgaben, für Jens Keller wird das Zittern noch einige Zeit anhalten…
Und doch sollte man ihm fairerweise Zeit geben, um wenigstens ansatzweise seine Vorstellungen mit dieser Mannschaft umsetzen zu können.
Oder eher der Manager?
Hatte Horst Heldt noch in der letzten Saison einige Kritik für seine Personalpolitik einstecken müssen, so war vor dieser Spielzeit der Tenor eigentlich recht positiv:
Mit der Verpflichtung der jungen Spieler Goretzka und Clemens sowie der punktuellen Verstärkungen Felipe Santana und Adam Szalai schien er alles richtig gemacht zu haben.
Und doch, mit den Abgängen von Raffael und Bastos kam berechtigterweise die Frage auf, ob Schalke über genügend erfahrene Spieler für das erneute Erreichen der Champions League verfügen würde.
Schließlich sind die Ansprüche der Knappen nun doch etwas höher als in Freiburg oder Mainz, wo ein unerfahrener Trainer mit einer jungen Mannschaft sicherlich sehr viel länger in Ruhe arbeiten könnte als auf Schalke.
Nicht zu vergessen, die Baustellen innerhalb des Teams, vor allem in der Abwehr, waren seit längerem bekannt. Mit Neuzugang Santana und Rückkehrer Tim Hoogland fielen hier die Verstärkungen eher marginal aus.
Gerade auf den Außenbahnen, wo weder Atsuto Uchida noch Christian Fuchs zur Zeit gehobenen Bundesliga-Ansprüchen genügen, wurde nichts getan. Der Transfer von Sascha Riether vom FC Fulham kam aus welchen Gründen auch immer nicht zustande.
Nun ist Dennis Aogo aus Hamburg da, der zumindest vorerst die größte Not auf der linken Seite (Fuchs im nächsten Spiel gesperrt, Sead Kolasinac weiterhin verletzt) etwas lindert.
Teemu Pukki, der sich leider nie wirklich durchsetzen konnte, wechselt zu Celtic Glasgow, Tranquillo Barnetta geht angeblich auch, dafür wurde mit Kevin-Prince Boateng kurz vor Transferschluss noch ein echter Knaller verpflichtet.
Zumindest ist Horst Heldt also bis zum Ende der Transferperiode offenbar noch recht rege. Aber auch hier gilt es abzuwarten, wie erfolgreich die Neuzugänge ins Team integriert werden können.
Oder doch die Mannschaft?
Ein geradezu erschreckendes Ausmaß an spielerischen, taktischen und läuferischen Schwächen offenbarte die Profi-Mannschaft des FC Schalke 04 in den ersten Spielen der neuen Saison.
Das Team blieb so ziemlich alles schuldig, was sie im Endspurt der vergangenen Spielzeit ausgezeichnet hatte, von den teilweise herausragenden Leistungen zum Auftakt gar nicht zu reden.
Angefangen bei der Abwehr zeigten alle Mannschaftsteile (den Sturm mit dem leider verletzten Huntelaar und seinem doch recht treffsicheren Vertreter Adam Szalai vielleicht ausgenommen) so erhebliche Schwächen, dass einem Angst und Bange um die gesetzten Saisonziele werden könnte.
Wie weiter oben bereits angedeutet, schwächeln Uchida und Fuchs auf den Außenbahnen wie zu schlimmsten Zeiten, aber auch die Innenverteidigung ist bisher eher ein Tollhaus.
Neuzugang Felipe Santana konnte bisher noch nicht den Nachweis erbringen, dass er eine echte Verstärkung werden könnte.
Joel Matip hat weiter seine Nerven offenbar nicht im Griff und Benedikt Höwedes ist mit der Organisation dieser Abwehr ziemlich überfordert.
Auch im defensiven Mittelfeld liegt noch einiges im Argen. Leon Goretzka ist anscheinend noch nicht in der Bundeliga angekommen, Marco Höger farblos und Jermaine Jones zumeist mit sich selbst beschäftigt. Roman Neustädter sucht immer noch die überragende Form, die ihn in die Nationalmannschaft gebracht hatte.
Die offensive Neuverpflichtung Christian Clemens war bisher auch noch keine Offenbarung, aber selbst ein Jefferson Farfan blieb zumeist weit unter seinen Möglichkeiten.
Julian Draxler hat wenigstens in Saloniki in einigen Szenen angedeutet, was für ein enormes Potenzial er besitzt. In die Rolle eines Führungsspielers muss er aber noch hineinwachsen. Für einen 19-jährigen ist eine solche Kritik aber im Moment doch ziemlich ungerecht; da waren (und sind) wohl die Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, noch etwas zu hoch.
Dies gilt übrigens für alle jungen Spieler…
Die Lösung? Abwarten…
Es ist natürlich vollkommen überzogen, zu diesem jetzigen Zeitpunkt pauschal alles in Frage zu stellen.
Daher will auch ich hier meine Kritik etwas zurücknehmen, es ist einfach noch zu früh, um auch nur annähernd abschließende Beurteilungen abzugeben.
Auch wenn es abgedroschen klingen mag: es sind nun alle Verantwortlichen gefordert, schleunigst auf die brisante Lage zu reagieren. Keine panischen Reaktionen, doch es muss zügig etwas passieren, da die nächsten Spiele natürlich auch schon über den weiteren Saisonverlauf entscheiden werden.
Sowohl der Vorstand, als auch Manager, Trainer und Mannschaft sind nun in der Pflicht, den Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Ich bin aber auch überzeugt davon, das genau für dieses Ziel momentan alles Mögliche gemacht wird.
Die Trainerfrage wird noch zurückgehalten, Manager Heldt arbeitet erfolgreich an der Verstärkung des Kaders und Trainer und Mannschaft (hoffentlich) an der Weiterentwicklung ihres Spiels…
Es hilft alles nichts, als Fan bleibt einfach nur die (meiner Ansicht nach aus bekannten Gründen durchaus berechtigte) Hoffnung auf Besserung. Zudem sich mit den beiden Neuen Aogo und Boateng jetzt ganz neue Möglichkeiten eröffnen, aber gerade ihnen muss man auch die nötige Zeit zur Eingewöhnung geben.
Trotzdem, am besten wäre es natürlich schon, wenn die Besserung bereits heute Abend gegen Bayer Leverkusen eintreten würde…