Schalke 04 verheddert sich in den Fäden der Augsburger Puppenkiste

Was soll ich hier noch groß schreiben: Hatte ich nach den Erfolgen gegen Hannover und in Tripolis noch die Hoffnung, dass sich vor der Winterpause noch alles zum Guten wenden könnte und der S04 mit ein paar Pünktchen mehr aus den letzten beiden Spielen das Jahr beenden würde, so belehrte mich die unnötige Niederlage in Augsburg leider eines Besseren.

Blechbuechsenarmee
Die „Blechbüchsenarmee“ der Augsburger Puppenkiste

Eigentlich waren die Voraussetzungen für einen Sieg in Augsburg ja günstig. Ohne Leon Goretzka, Joel Matip, Sascha Riether, Leroy Sanè und Max Meyer gelang in der Europa League ein 4:0-Erfolg bei Asteras Tripolis quasi im Schongang, während der FC Augsburg bei Partizan Belgrad bis zur letzten Minuten kämpfen musste, um das Weiterkommen in der EL sicherzustellen.

Also lag der Schluss nahe, dass ausgeruhte Schalker gegen die zuvor stark geforderten Schwaben schon vor dem Anpfiff einen gewissen Vorteil haben müssten, und man über 90 Minuten gesehen sicherlich irgendwann daraus Profit ziehen könnte.

Doch Augsburg Trainer Markus Weinzierl griff noch tiefer in die Trickkiste und lief gleich mit sieben neuen Akteuren auf, eine Maßnahme, die die Schalker von Anfang an sichtlich verunsicherte. Nichts war es mit dem angeblichen Vorteil, der FCA begann die Begegnung aggressiv und kämpferisch, so als ob es die kräfteraubende Partie am Donnerstag in Belgrad nie gegeben hätte.

Mit allen Mitteln, teils auch unfair (Nachtreten von Ja-Cheol Koo gegen Johannes Geis und vor allem der Tritt von Raul Bobadilla auf den Oberschenkel von Sead Kolasinac) beackerten die Augsburger jeden Quadratmeter Rasen und unterbanden so jegliches Schalker Kombinationsspiel.

Doch auch die überwiegend schlechte Schiedsrichterleistung (Florian Meyer erkannte zwar in der ersten Halbzeit eine Schwalbe von Markus Feulner richtig, übersah dafür aber neben den beiden Tätlichkeiten vor allem das Handspiel von Feulner vor dem entscheidenden 2:1 für Augsburg) konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schalker mit diesem unbequemen Gegner zu keiner Zeit wirklich gut zurechtkamen.

Dazu ein unglücklicher, weil abgefälschter Gegentreffer zum frühen 0:1, ein Lattenknaller von Goretzka und noch einige andere ausgelassene Torchancen vor und kurz nach der Pause und schließlich das umstrittene Siegtor der Augsburger in der Nachspielzeit: nein, dass war nicht der Nachmittag des FC Schalke 04.

Nur Ralf Fährmann, Joel Matip, Sead Kolasinac und Eric-Maxim Choupo-Moting in Normalform reichten einfach nicht aus, um die vielen Ausfälle an diesem Sonntag zu kompensieren. Fast das gesamte Mittelfeld litt an kreativen Aussetzern, trotz hoher Laufbereitschaft mangelte es zudem an Anspielstationen, und lediglich ein Mal wurde schnell und direkt gespielt: beim 1:1-Ausgleich, bei dem Kolasinac eine sehenswerte Kombination mit Choupo-Moting abschloss.

Ansonsten verhedderten sich die Schalker immer wieder in den Fäden der Augsburger Puppenkiste, deren „Marionetten“ sich hauptsächlich auf das grobe Holzschnitzen verlegten. Und da die Gelsenkirchener diesmal die technischen Feinheiten weitestgehend daheim gelassen hatten, geriet die Aufführung zu einem reinen Glücksspiel, bei dem die bayrischen Schwaben am Ende das bessere Ende in der Hand hielten.

Ärgerlich vor allem deshalb, weil die Blauen mit einem Sieg bis auf Platz 4 in der Tabelle hätten kommen können und so nur Rang acht in der Nachbarschaft von Mainz und dem Hamburger SV heraussprang. Doch offenbar hatte Trainer Andrè Breitenreiter doch recht, als er zu Saisonbeginn nach den Abgängen von Julian Draxler und Jefferson Farfan vor der Dünne der Spielerdecke warnte und Platz 7 bis 8 vorhersagte.

In Augsburg zeigte sich wieder einmal genau dieses Problem der mangelnden Alternativen: Geis, Meyer und Sanè wirkten allesamt ideenlos und kraftlos und gingen mehr oder weniger unter. Doch nur Pierre-Emile Hojbjerg stand bereit, um neue Impulse im Mittelfeld zu setzen. Es fehlen einfach genau die beiden Spieler, die Draxler und Farfan ersetzen sollten.

So bleibt erst einmal nur die Hoffnung auf die Winterpause und Bewegung in der Schalker Transferpolitik: vor allem die beiden Brasilianer Renato Augusto von den Corinthians Sao Paulo und Mauricio vom russischen Klub Terek Grosny stehen angeblich neben Sebastian Rode (Bayern München), Maximilian Arnold (Wolfsburg) und dem Schweizer Gökhan Inler (Leicester City) ganz oben auf dem blau-weißen Wunschzettel, während eine Rückkehr des an Sturm Graz ausgeliehenen Donis Avdijaj immer unwahrscheinlicher wird.

Bis dahin hilft nur eine Tugend, die unter Schalker Fans gemeinhin allerdings recht selten vorkommt: Geduld. Und hoffentlich noch ein Heimsieg gegen Hoffenheim, damit zum Fest nur die Kerzen am Baum und nicht gleich die ganze Tanne brennt.