Saisonbilanz 2013/2014 – Einzelbewertungen Teil 4

Die Benotungen für das offensive Mittelfeld mit einem Ausblick auf die kommende Saison:

Julian Draxler als Nationalspieler beim WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich

Julian Draxler
Als Weltmeister steigt Julian Draxler nach seinem wohlverdienten Urlaub wieder in das Vorbereitungstraining des S04 ein. Nach einer eher durchwachsenen Saison war das so nicht wirklich zu erwarten.
Doch sollte man dabei berücksichtigen, dass er lediglich ein Spiel in Brasilien absolvierte, und dabei auch erst zum Einsatz kam, als das Viertelfinale gegen den Gastgeber längst entschieden war.

Ansonsten musste er es sich auf der Bank bequem machen und sich mit dem Gedanken trösten, dabei gewesen zu sein.
Wenn man sich allerdings seine Leistungen in der abgelaufenen Saison anschaut, stellt das allein für ihn schon einen erheblichen Erfolg dar. Denn ehrlich gesagt, konnte er nur selten wirklich überzeugen.

Lediglich in der Champions League gegen Basel und Bukarest vermochte er anzudeuten, wie wichtig er eigentlich für Schalke sein könnte. In der Bundesliga blieb er diesen Nachweis leider viel zu oft schuldig. Von der glänzenden Form der Rückrunde 2012/13, in der der Schalker Jungstar acht seiner zehn Saisontore erzielte, war er zumeist meilenweit entfernt. Inwiefern der Rummel um seine Vertragsverlängerung und die schwindelerregenden Transfersummen, die im vergangenen Sommer aufgerufen wurden, zu diesem Leistungstief beigetragen haben, kann man natürlich nur erahnen.

Daher wäre es meiner Ansicht nach ungeheuer wichtig, dass man den Rummel um den Jung-Nationalspieler in der nächsten Spielzeit möglichst minimiert. Das Jonglieren mit zweistelligen Millionensummen und Transfergerüchte mit europäischen Spitzenvereinen halte ich für total überzogen. Julian Draxler sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich vorläufig erst einmal auf seine Karriere beim S04 und einer möglichen Etablierung in der Nationalelf zu konzentrieren. Hier muss der 20-jährige weiter zu einem Stammspieler heranreifen und seine Rolle innerhalb der Schalker Mannschaft finden.

Das wird sicherlich nicht ganz so einfach, reift doch mit dem erst 18-jährigen Max Meyer eine eminent starke Konkurrenz auf seiner Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld heran. Möglicherweise wird da für ihn wieder „nur“ die eher ungeliebte linke Außenbahn bleiben.

Max Meyer
Ohne große Übertreibung kann man Max Meyer als den Aufsteiger der vergangenen Saison bezeichnen. War zu Beginn der Spielzeit noch davon die Rede, ihn behutsam an den Profibetrieb heranzuführen und aufzubauen, gehörte er schon bald zu den Akteuren, die Trainer Jens Keller nicht mehr verzichten wollte und konnte. Am Ende der Saison standen insgesamt sage und schreibe 41 Einsätze und 9 Tore bei den Profis für ihn zu Buche, als 18-jähriger eine sehr beeindruckende Bilanz.

Sein erster Länderspielauftritt für den Senioren-Kader gegen Polen vor der WM war dann auch der verdiente Lohn für seine bemerkenswerten Leistungen. Mit einem erstaunlichen Selbstvertrauen erdribbelte und erspielte sich Max Meyer die 10er Position im Schalker Kader und verdrängte dabei sogar Nationalspieler Julian Draxler und Neuzugang Kevin-Prince Boateng, die beide ebenfalls Ansprüche auf diese Rolle angemeldet hatten.

Mit seiner herausragenden Technik und Ballbeherrschung sowie einer bemerkenswerten Übersicht war Meyer stets einer der wenigen Schalker Akteure, die für überraschende Aktionen im Spielaufbau sorgen konnten. Zudem strahlte er eine enorme Torgefährlichkeit aus und absolvierte auch noch in jeder Begegnung ein beachtliches Laufpensum.
Schon in seinem ersten Jahr bei den Profis hat er damit unter Beweis gestellt, dass die Nummer 7 von „Senor“ Raul bei ihm gut aufgehoben ist. Ich bin mir daher ganz sicher, dass die Schalker Gemeinde in den kommenden Jahren noch eine Menge Freude an ihm haben wird.

Man sollte nur nicht den Fehler begehen, zu viel von Max Meyer zu erwarten. Gerade solch jungen Akteuren (dazu zähle ich übrigens auch noch Julian Draxler) sollte auch die Möglichkeit gegeben werden, einige schwächere Spiele zu zeigen, ohne gleich in Bausch und Bogen verdammt zu werden.
Gebt dem Jungen Zeit, sich weiter zu entwickeln, und er wird dieses Vertrauen ganz sicher mit guten Leistungen zurückzahlen. Da bin ich ganz fest von überzeugt.

Jefferson Farfan
Manchmal reibt man sich etwas verwundert die Augen, wenn man z. B. feststellt, dass der lange als Söldner mit einem Hang zu diversen Eskapaden verschriene Peruaner Jefferson Farfan inzwischen einer der dienstältesten Spieler im Schalker Kader ist und schon über 200 Partien für die Blau-Weißen absolviert hat.
Erstaunlich ist auch, dass er in der Hinrunde der vergangenen Saison zu den stärksten Akteuren gehörte und auf dem besten Wege war, seine bisher beste Spielzeit im Gelsenkirchener Trikot abzuleisten.

Leider setzen ihn dann Knieprobleme in der Rückrunde längerfristig außer Gefecht und eine notwendig gewordene Operation sorgt nun auch dafür, dass er erst verspätet in der neuen Saison einsatzbereit sein wird.

Das ist besonders ärgerlich, hatte sich der peruanische Nationalspieler doch mit einem glänzenden Freistosstor gegen Eintracht Frankfurt vielversprechend wieder zurückgemeldet.
So aber blieb es bei immerhin 12 Treffern in nur 29 Saisonspielen, in denen er mit seiner enormen Schnelligkeit auf dem rechten Flügel oft zu begeistern wußte. Zusammen mit Rechtsverteidiger Atsuto Uchida bildete er dort eines der offensiv besten Tandems der Bundesliga.

Doch auch in der Defensivarbeit nach hinten wußte der Peruaner in den letzten Jahren immer mehr zu überzeugen. Und solange er fit war, konnte man auch die ihm häufig mal nachgesagte Lustlosigkeit nicht wirklich erkennen. Ebenso fehlten die sonst üblichen Pausen, die er früher gelegentlich einlegte, wenn er seine Gegenspieler mal nicht schwindelig spielen konnte.

Daher finde ich es besonders schade, dass auch Farfan letzlich vom Schalker Verletzungspech erreicht wurde und hoffe, dass er uns möglichst schnell wieder zur Verfügung stehen wird, denn in Bestform ist er auf der rechten Außenbahn nur schwer zu ersetzen.

Leon Goretzka
Eine längere Anlaufzeit aufgrund seines Abiturs und diverser Krankheiten und Verletzungen benötigte Neuzugang Leon Goretzka, ehe er in der Rückrunde seinen Wert für die Schalker Mannschaft unter Beweis stellen konnte. Eine Mandelentzündung und die Grippe setzten ihn nach einigen Kurzeinsätzen zu Saisonbeginn matt.

Sein enormes Potential, welches ihm auch sein Extrainer Peter Neururer immer wieder bescheinigt, deutete er erstmals mit einem sehenswerten Treffer bei Bayer Leverkusen an, als er den herausstürmenden Keeper Bernd Leno mit einem Lupfer überwinden konnte.
In der Rückrunde etablierte er sich als Ersatz für den verletzten Peruaner Jeffersen Farfan auf der rechten Außenseite und hatte mit überzeugenden Leistungen erheblichen Anteil daran, dass der S04 noch den dritten Tabellenrang erreichen konnte.

Goretzkas größter Trumpf ist sicherlich seine Vielseitigkeit, sowohl im defensiven als auch offensiven Mittelfeld kann er alle Positionen ausfüllen. Ebenso wie Max Meyer belohnte Bundestrainer Yogi Löw ihn für seine überzeugenden Auftritte mit der Nominierung zu seinem ersten Länderspiel gegen Polen.

Beide, Leon und Max Meyer, halte ich für die größten Talente im Schalker Kader, wenn nicht sogar in der gesamten Bundesliga. Und auch für den gebürtigen Bochumer gilt wie für Draxler und Meyer die Prämisse, dass junge Spieler auch einmal schlechtere Tage haben dürfen, ohne gleich durch Mißfallensbekundungen verunsichert zu werden. Gerade mit ihnen muss man Geduld haben, damit sie zu wichtigen Spielern heranreifen können.
Und auch bei Leon Goretzka bin ich da sehr optimistisch, dass ihm das Auf Schalke gelingen wird.

Christian Clemens
Nicht wirklich viel Freude dürfte der Kölner Christian Clemens in seinem ersten Jahr beim FC Schalke 04 gehabt haben. Nur ganze 11 Bundesligaspiele stand der U21-Nationalspieler auf dem Platz und meistens konnte er dabei nicht wirklich überzeugen.
Allerdings hatte er auch das Pech, ausschließlich in der ersten Saisonhälfte eingesetzt zu werden, als auch die Mehrzahl seiner Teamkollegen nicht gerade Sternstunden erlebten.

Als es dann für Schalke besser lief, setzte ihn eine Schambeinentzündung endgültig außer Gefecht und Clemens sah sich wie viele andere Blaue dazu gezwungen, anderen das Feld zu überlassen.
Da der 23-jährige in Köln und bei der Junioren-Nationalmannschaft durchaus aufsehenerregende Leistungen zeigen konnte, hoffe ich, dass er in der neuen Spielzeit vor allem gesundheitlich wieder auf die Beine kommt und Möglichkeiten erhält, zu zeigen warum ihn die Schalker verpflichtet hatten.

Bisher konnte er dies nämlich noch nicht, daher ist es auch sehr schwer, seine Leistungsfähigkeit letztendlich einzuschätzen.
Mit Draxler, Farfan, Goretzka, Neuzugang Sidney Sam und noch ein paar anderen hat er allerdings auf den Flügeln einige sehr starke Konkurrenten in Gelsenkirchen. Ehrlich gesagt boin ich mir nicht ganz sicher, ob er sich dagegen wird durchsetzen können.

Trainer Jens Keller scheint es da ähnlich zu gehen, probierte er doch Clemens in der Vorbereitung auch schon auf der Position des rechten Außenverteidigers aus. Mal sehen, wo diese Experiment hinführen wird.

Sidney Sam
Etwas zwiegespalten bin ich inzwischen bei der Beurteilung von Neuzugang Sidney Sam, der vom Mitkonkurrenten Bayer Leverkusen nach Gelsenkirchen wechselte.

Nimmt man nur den Auftakt der letzten Saison als Maßstab, so kann man eigentlich nur in Euphorie verfallen: 7 Tore und 4 Assists in den ersten 9 Spielen, und als Belohnung für die herausragenden Leistungen die erstmalige Berufung in die Nationalmannschaft. Für nur 2,5 Millionen festgeschriebener Ablöse hätte Horst Heldt wohl kaum einen besseren Spieler verpflichten können. Fazit: Alles uneingeschränkt richtig gemacht.

Doch dann erwischte Sam nach 13 Partien die erste Verletzung, ein Muskelfaserriss. Nach fünf Spieltagen erzwungener Pause stand er zum Auftakt der Rückrunde wieder auf dem Platz, und hatte mit zwei Assists wichtigen Anteil an den beiden darauffolgenden Siegen seiner Mannschaft.

Gegen seinen neuen Verein Schalke musste er dann noch einmal aussetzen, ehe ihn nach fünf weiteren eher durchschnittlichen Spielen Muskelprobleme wieder auf die Tribüne verbannten. Zum Saisonende reichte es dann nur noch für zwei Kurzeinsätze, nun ist er in der Vorbereitung erneut zum Zuschauen verdammt.

Eigentlich handelt es sich bei Sidney Sam ja um einen erfahrenen Bundesligaakteur, der schon über 180 Pflichtspiele für Leverkusen und Kaiserslautern in der ersten und zweiten Liga absolviert hat. Seine Stärken, technisch trickreiches und schnelles Spiel über die Flügel, verbunden mit einiger Torgefährlichkeit, sind bekannt und dürften den S04 in der Offensive verbessern und variabler machen können.

Doch stimmt mich sein letztes halbes Jahr etwas nachdenklich. Wie verlezungsanfällig ist er wirklich? Kann er seine guten Leistungen der Hinrunde auch Auf Schalke zeigen?
Nun, das bleibt abzuwarten, sollte er seine Form wieder finden, ist er sicherlich eine gern gesehene und erhebliche Verstärkung für die Blauen. Als direkter Konkurrent für Julian Draxler und/oder Jefferson Farfan dürfte er für mehr Möglichkeiten im Spiel nach vorn sorgen und ein hochwertiger Ersatz bei eventuellen Ausfällen sein.

So, zum Abschluss dieser Serie gibt es beim nächsten Mal noch ein paar Zeilen zur Stürmersituation in Gelsenkirchen und eine Einschätzung zur Zukunft von Trainer Jens Keller, ehe dann endlich die neue Saison beginnt.