Obama hat die eine ökonomische Krise gelöst. Es war dann die andere, die die Demokraten die Präsidentschaft kostete.

Wie der amerikanische Präsident die Wirtschaft rettete, aber nicht die US-Mittelschicht.

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Präsident Barack Obama während seiner Abschiedsrede an die Nation
vor großen Publikum im McCormick Place in Chicago

Wenn Sie im Januar 2009 in einer Fabrik in Michigan gearbeitet hatten, als Barack Obama das Amt der Präsidentschaft übernahm, kämpften Sie mit zwei verschiedenen Arten der Wirtschaftskrise. Eine war die unmittelbare Bedrohung für Ihren Job. Wenn der verloren ging, waren Sie in Gefahr, das Auto zu verlieren, und das Haus natürlich auch.

Die andere bewegte sich langsamer als die Fluten der Finanzkrise. Es handelte sich um die sich über Jahre hinweg entwickelnde Erkenntnis, dass die wirtschaftliche Zukunft, die man Ihnen einst versprochen hatte, die Idee des amerikanischen Traums, langsam abhanden kam.

Die erste drohende Krise ist längst vorbei gegangen. Die Geschichte wird zeigen, dass Präsident Obama und sein Wirtschaftsteam ein historisch schnelles Ende einer massiven Rezession erreicht haben, zusammen mit einer besseren Erholung als sie je ein anderes Industrieland genossen hat. Obama rühmte sich ob dieses Erbes in seiner Abschiedsrede am 10. Januar in Chicago.

„Heute“, so der scheidende Präsident, „wächst die Wirtschaft wieder; Löhne, Einkommen, der Wert der Häuser und die Pensionen steigen wieder; die Armut geht wieder zurück. Die Reichen zahlen einen gerechteren Anteil an den Steuern, auch wenn der Aktienmarkt dieser Entwicklung zu widersprechen scheint. Die Arbeitslosenquote liegt in der Nähe eines 10-jährigen Tiefstandes.“

Wenige Augenblicke später aber erkannte Obama, dass diese Zahlen komplizierter sind, als sie erscheinen – dass die Entwicklung, die er als Präsident übersah, viele Arbeiter und Regionen hinter sich zurück ließ, dass die Ungleichheit weiterhin hoch bleibt und dass vor allem seine Präsidentschaft dabei versagt hat, den ärmeren und bürgerlichen Amerikanern zu vermitteln, dass harte Arbeit ausreichen wird, um sie voran zu bringen.

„Zu viele Familien in den Innenstädten und den ländlichen Gebieten sind zurückgelassen worden“, sagte er, „der entlassene Fabrikarbeiter; die Kellnerin und der Beschäftigte im Gesundheitswesen, die darum kämpfen müssen, ihre Rechnungen zu bezahlen, sind davon überzeugt, dass dieses Spiel gegen sie gerichtet ist, dass ihre Regierung nur den Interessen der Mächtigen dient – ein Rezept für mehr Zynismus und Polarisierung in unserer Politik.“

Das sind die Worte eines Präsidenten, der im Begriff war, sein Vermächtnis an Donald Trump zu übergeben, einem Populisten, der zum Teil auch wegen seiner Appelle an das reale und begründete Gefühl der wirtschaftlichen Stagnation in großen Teilen von Amerika gewählt wurde.

Es sind die Worte eines Präsidenten, der zu verstehen scheint – und verinnerlicht hat -, dass er nicht in der Lage war, das längerfristige Gefühl der Wirtschaftskrise in der amerikanischen Arbeiterklasse zu lindern, als die Rezession selbst schon vorbei war.

Ja, die Einkommensgewinne für die Mittelschicht kamen schließlich in den letzten Jahren der Obama-Präsidentschaft an. Mehr Amerikaner fanden Arbeit. Der anziehende Arbeitsmarkt lieferte ihnen höhere Löhne für diese Tätigkeiten. Die Median-Einkommen stiegen inflationsbereinigt schneller an, als es jemals zuvor aufgezeichnet worden war.

Dennoch waren sie noch nicht annähernd hoch genug, um den amerikanischen Traum für den Automobilarbeiter in Akron, Ohio, oder den mobilen Pflegedienstleistenden in Richmond, Virginia, erfahrbar zu machen. Es gibt heute immer noch weniger Fabrikjobs in Amerika als bei Obamas Amtsübernahme. Das reale mittlere Einkommen erreicht erst jetzt wieder den Stand aus dem Jahre 2000. Männer und Frauen in ihren wichtigsten Arbeitsjahren nehmen immer noch weniger an der Erwerbsbevölkerung teil als vor der Rezession.

Bei allen detaillierten Einschätzungen der Maßnahmen der Obama-Administration bleibt dies als die einfachste Erkenntnis: Er löste eine Krise, aber nicht beide.

Es spielt dabei keine Rolle, dass er die längerfristige Krise, die für einige Arbeiter in den 1980er Jahren begann, für andere in den 1990er Jahren und für die breite Mittelschicht in den frühen 2000er Jahren nicht selbst verschuldet hatte. Es spielt auch keine Rolle, dass sein Ergebnisse anders aussehen könnten, wenn ein Demokrat eine „dritte Amtszeit“ für ihn im Weißen Haus gewonnen hätte und es vielleicht schaffen würde, die Wirtschaft für vier Jahre mit einem Lohnwachstum wie in den späten 90er Jahren in Vollbeschäftigung zu halten.

Was zählt ist, dass die Amerikaner sich an eine Ökonomie gewöhnt hatten, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ein breites Lohnwachstum und eine starke Beschäftigungszunahme lieferte, die den Lebensstandard der Arbeiter über Rasse, Geschlecht und Klassenlinien hinweg anhob, wenn auch nicht für alle in gleichem Maße. Als dieses aufhörte zu liefern, wuchs der Alarm. Obama hat es selbst miterlebt.

Vor neun Jahren, an einem eiskalten Tag in Springfield, Illinois, bevor die finanzielle Krise die Wirtschaft umkrempelte, kündigte Obama seine Präsidentschaftskandidatur mit einem Versprechen des gemeinsamen Wohlstands an. Er setzte sich dabei eine sehr hohe Messlatte.

„Lasst uns die Generation sein, die die Armut in Amerika beendet“, sagte er. „Jeder einzelne, der bereit ist zu arbeiten, sollte in der Lage sein, eine Berufsausbildung zu bekommen, die zu einem Job führt, und einen entsprechenden auskömmlichen Lohn verdienen, mit dem er seine Rechnungen bezahlen und sich eine Kinderbetreuung leisten kann, damit die Kinder einen sicheren Platz haben, wenn er arbeiten geht. Lasst uns das jetzt machen.“

Er hat es allerdings nicht getan. Was er gemacht hat, die Geschichte wird es zeigen, war schon entscheidend. Doch ebenso entscheidend war, was er und der Kongress unterließen. Die Arbeit bleibt unvollendet, und jetzt ist es an Trump zu übernehmen.

(eigene Übersetzung eines Beitrages des amerikanischen Wirtschaftsjournalisten Jim Tankersley)