Der Mythos von der Roboter-Job-okalypse

„Die Anzahl der an effizientere Maschinen verlorenen Arbeitsplätze ist nur ein Teil des Problems…In der Vergangenheit stellten neue Industrien weit mehr Menschen ein als sie aus dem Geschäft warfen. Doch diese Tatsache gilt in vielen der heutigen neuen Industrien nicht mehr.“

Arnold Schwarzenegger T-800 (Madame Tussauds)
Arnold Schwarzenegger als T-800 (Madame Tussauds in London).

Dieses Zitat aus dem Time-Magazin stammt aus den ersten Wochen der Präsidentschaft von John F. Kennedy. Trotzdem würde es problemlos in viele der heutigen politischen Reden passen. Wie jeder selbstbewusste unbarmherzige Killer-Roboter aus der Zukunft, kehrt auch unsere Techno-Angst immer wieder zurück.

Arnold Schwarzeneggers Terminator war nur Science-Fiction – aber das ist auch die Idee, dass Roboter und Software-Algorithmen Jobs schneller vernichten als sie geschaffen werden können. Es gibt eine erstaunliche Diskrepanz zwischen unserer Angst vor der Automatisierung und der derzeitigen Realität.

Wie aber kann das sein? Die Autobahnen des Silicon Valley sind voll mit selbstfahrenden Autos. Besuchen Sie das Kino, den Supermarkt oder die Bank und sie werden sehen, die prominentesten Mitarbeiter sind die Sicherheitsleute, die wahrscheinlich verhindern sollen, dass sie wertvolle Maschinen stehlen. Ihr Computer begnügte sich früher mit dem Korrigieren Ihrer Rechtschreibung; nun übersetzt er Ihre Prosa in Mandarin. Angesichts all dessen müssten die Roboter doch eigentlich inzwischen den einen oder anderen Job gestohlen haben?

Natürlich lautet die Antwort, dass die Automatisierung seit langer Zeit Arbeitsplätze in bestimmten Branchen vernichtet hat, weshalb die meisten Westler, die Kleider weben, Pflanzen kultivieren oder per Hand ernten wollen, dies nur noch in ihrer Freizeit zum Spaß machen. In der Vergangenheit hat uns dieser Prozess reicher gemacht.

Nun ist die Sorge, dass Computer Jobs schneller überflüssig machen, als wir neue erzeugen können, und das Ergebnis eine weit verbreitete Arbeitslosigkeit bedeutet, die nur eine privilegierte Klasse von roboterbesitzenden Rentiers und hoch bezahlten Arbeitnehmern mit roboterkompatiblen Fähigkeiten zurücklässt.

Diese Idee erscheint oberflächlich plausibel: wir werden von billigen und leistungsfähigen Computern umgeben; viele Menschen haben in den letzten zehn Jahren ihren Arbeitsplatz verloren; und die Ungleichheit ist in den letzten 30 Jahren gestiegen.

Doch diese Theorie kann durch einen einfachen Test entzaubert werden: Wie schnell wächst die Produktivität? Das übliche Maß der Produktivität ist die Leistung pro Arbeitsstunde – von einem Menschen. Roboter können ihre Wirtschaftsleistung ganz ohne Stunden menschlicher Arbeit produzieren, so dass ein plötzlicher Ansturm von Roboter-Arbeitnehmern zu einer unerwarteten Beschleunigung der Produktivität führen sollte.

Doch tatsächlich war die Produktivitätsentwicklung enttäuschend. In den USA betrug das gemittelte Wachstum der Arbeitsproduktivität von 1948 bis 1973 beeindruckende 2,8 Prozent pro Jahr. Das Ergebnis war Massenwohlstand anstelle von Massenarbeitslosigkeit.

Dann aber sackte die Produktivität für eine Generation ab, um in den späten 1990er Jahren wieder etwas aufzuleben, doch heute hat sie wieder nachgelassen. Das Bild ist auch in Großbritannien nur wenig besser, wo die Arbeitsproduktivität im Vergleich zu den anderen führenden G7-Volkswirtschaften notorisch niedrig blieb, und seit 2007 weiter zurückfällt.

In einer 40-Jahres-Sicht sind die Auswirkungen dieser langen Produktivitäts-Malaise für die typischen Arbeiter in den reichen Ländern größer als die durch den Anstieg der Ungleichheit, oder die durch die Finanzkrise des Jahres 2008. In einer mit wirtschaftlichen Enttäuschungen gespickten Ära war das Schlimmste der hartnäckige Ausfall der Roboter, unsere Arbeitsplätze zu übernehmen.

Doch warum werden dann so viele Kommentare der gegenteiligen Ansicht gewidmet? Ein Teil davon ist eine einfache Fehlermeldung: es war wirtschaftlich gesehen ein schweres Jahrzehnt, und es erscheint einfach, die Roboter für den Kummer verantwortlich zu machen, der eigentlich an den Türen anderer, wie beispielsweise der Banken, der Austeritäts-Enthusiasten und der Eurozonen-Politiker abgeladen werden sollte.

Es stimmt auch, dass die Robotik beeindruckende Fortschritte macht. Gill Pratt, ein Robotik-Experte, beschrieb kürzlich eine „kambrische Explosion“ für die Robotik im Journal of Economic Perspectives. Während Roboter bisher eher wenig zum Anstieg der Massenarbeitslosigkeit beigetragen haben, könnte sich das in Zukunft ändern.

Automation hat zweifellos auch die Form des Arbeitsmarktes verändert – schreibt der Ökonom David Autor in der gleichen Zeitschrift und dokumentiert einen Anstieg der Nachfrage nach gering bezahlten Jobs einerseits sowie nach hochqualifizierten Arbeitsplätzen andererseits und einer Aushöhlung der Beschäftigungsverhältnisse in der Mitte. Es gebe Anzeichen dafür, dass sich dieses Missverhältnis weiter und weiter im Spektrum der Fähigkeiten nach oben bewegt. Die Roboter können uns nicht die Arbeitsplätze wegnehmen, aber sie mischen sie auf jeden Fall gründlich auf.

Doch Mister Autor weist auch auf eine erstaunliche Statistik hin: private Investitionen in Computer und Software fallen in den USA fast ununterbrochen seit 15 Jahren. Dies ist schwer mit der Geschichte von der Roboter Job-okalypse in Einklang zu bringen. Sollten wir nicht eigentlich durch die ständige Zunahme der Automation einen Anstieg der IT-Investitionen erwarten?

Stattdessen haben in der Folge der großen Rezession die Manager eine reichliche Versorgung mit billigen menschlichen Arbeitskräften zur Kenntnis genommen und kommen daher nun ohne die Maschinen bestens zurecht. Vielleicht gibt es irgendwo einen riesigen unterirdischen Schlafsaal ganz aus Stahl, glitzernd und voll mit ruhenden Androiden. In einer Ecke tippt ein verchromter Robo-Schreiberling an einer Kolumne und beklagt die Tatsache, dass die Menschen all die Roboter-Arbeitsplätze übernommen hätten.

(eigene Übersetzung eines Blogbeitrages des britischen Ökonomen Tim Harford)