Das Bonusspiel: gut ist gegen die Bayern halt nicht gut genug

Fußballer-Weisheiten sind manchmal so einfach wie schmerzhaft: wenn man mindestens 100 % Leistung benötigt, um momentan gegen die Münchener Bayern irgend etwas mitnehmen zu wollen, so reichen dann eben 99 % dafür nicht aus.

Javier «Javi» Martínez

So simpel, so bitter: ein einziger Fehler genügte, um die gute Vorstellung der Schalker gegen den bajuwarischen Serienmeister zunichte zu machen. Einmal ließ der ansonsten sehr konzentrierte Dennis Aogo Arjen Robben unbehelligt flanken, einmal verlor der sonst souverän verteidigende Schalker Kapitän Benedikt Höwedes einen Gegenspieler kurz aus den Augen.

Diese Unaufmerksamkeiten machten nahezu 70 Minuten harte Arbeit zunichte. Der aufgerückte spanische Innenverteidiger Javier Martinez nutzte die Schalker Schwächen und nickte den Ball völlig unbedrängt zur 2:1-Bayern-Führung ein. 70 Minuten, in denen die Blau-Weißen in beeindruckender Weise dem Ballbesitzspiel der Mannschaft von Trainer Pep Guardiola widerstehen konnten. 70 Minuten, in denen sie die Zuschauer in der Veltins-Arena in einen Begeisterungstaumel versetzen konnten, in denen jeder Ansatz eines möglichen Schalker Konters frenetisch angefeuert wurde.

70 Minuten – aber eben keine 90. 99 Prozent Leistung – aber eben keine 100 Prozent. Zu wenig gegen die Bayern, einfach zu wenig, wie schon so einige Vereine in dieser Saison feststellen konnten. Trainer Andrè Breitenreiter hatte schlicht recht mit seiner Ansicht, dass gegen die Übermannschaft der Bundesliga einfach alles passen muss und man dann vielleicht auch noch ein wenig Glück benötigt, um diese Prüfung, dieses einzig wirkliche Bonusspiel, erfolgreich für sich entscheiden zu können.

Schalke hatte sich über weite Phasen des Spiels kämpferisch und auch taktisch hervorragend gewehrt, einen frühen unglücklichen (weil abgefälschten) Rückstand egalisiert und auch nach dem zweiten Gegentor nicht den Eindruck hinterlassen, nun im spielerischen Feuerwerk der Bayern untergehen zu wollen. Ganz im Gegenteil entwickelte sich in der Schlussphase ein sehr viel ausgeglicheneres Spiel als vorher, da die Blauen nun auch noch versuchten, ernsthafte Angriffe gegen das Münchener Tor aufzubauen.

Wie auch immer, entgegen dem in den letzten Wochen immer wieder aufgedrängten Begriff „Krise“ befand sich dort eine Schalker Elf auf dem Platz, die von diesem Wort nichts wissen wollte. Einstellung als auch Einsatz stimmten, die taktische Ausrichtung des Trainergespanns erwies sich als richtig und wurde auch größtenteils umgesetzt.

Was bleibt sonst? Nun, Sascha Riether wird als rechter Verteidiger immer noch unterschätzt, gegen den schnellen und trickreichen Linksaußen Douglas Costa, bisher seit seinem ersten Auftritt in der Bundesliga kaum zu stoppen, zog er sich überraschend achtbar aus der Affäre.

Bayern-Leihgabe Pierre-Emile Hojbjerg zeigte erstmals, warum ihn die Münchener angeblich nicht abgeben wollen. Als Dampfmacher und Antreiber war er von Anfang an einer der großen Gewinner im Schalker Team, und neben Leon Goretzka eine wichtige Umschaltstelle in beide Richtungen im Spiel der Gelsenkirchener.

Beachtlich fand ich auch, dass es teilweise mindestens drei oder mehr Bayern-Spieler brauchte, um die Kreise von Leroy Sanè zu unterbinden. Für einen 19-jährigen ist das schon eine ganze Menge Aufmerksamkeit.

Und der nächste junge „Wilde“ aus der Schalker „Knappen-Schule“ steht auch schon bereit: der erst 17 Jahre alte Fabian Reese feierte am Samstag sein Bundesligadebüt. Eine mutige Entscheidung des Trainers, aber auch ein erneuter Beweis der hervorragenden Arbeit des Teams um Nachwuchscoach Norbert Elgert.

Allerdings zeigt der Einsatz eines solch jungen Stürmers ebenso die momentane Überdehnung der Personaldecke an. Die Abgänge von Farfan und Draxler konnten bisher nicht durch die eigenen Reihen kompensiert werden. Ein Stürmer und ein Mittelfeldakteur mit einiger Erfahrung sollten vielleicht doch noch in der Winterpause her, um den Flickenteppich etwas ansehnlicher zu gestalten.

Etwas Sorge bereitet mir im Moment auch die Hängepartei um eine mögliche Vertragsverlängerung von Joel Matip. Immer mehr deutet darauf hin, dass es da zu keiner Einigung kommen wird. Es wäre sehr schade, wenn Matip den Verein verlassen würde, denn er ist ohne Zweifel zur zeit der mit Abstand beste Innenverteidiger. Gerade sein Weggang würde eine schwere Hypothek darstellen, denn ein Spieler seiner Güte (und in so jungen Jahren) dürfte nur schwer zu finden sein.

Derweil gehen wir nun den Spielen entgegen, in denen man endlich mal wieder auch dreifach punkten könnte. Ein Sieg in der Euro League gegen APOEL Nikosia ist eine Pflichtaufgabe, wird dadurch aber auch nicht leichter, da die Zyprioten vermutlich ihren Mannschaftsbus vors Tor stellen werden. Und gegen tief gestaffelte Abwehrreihen hatten die Schalker in letzter Zeit so ihre Probleme.

Anders wird es wohl in Leverkusen aussehen, die Bayer-Truppe zeigte zuletzt bei der Frankfurter Eintracht eine starke Leistung. Besonders auf den zweifachen Torschützen Javier Hernandez, auch Chicharito genannt, müssen die Blauen aufpassen. In den letzten 7 Pflichtspielen konnte der Mexikaner 10-mal einnetzen, eine saustarke Quote. Als Mannschaft agierten die „Pillendreher“ davor allerdings eher unbeständig, aus fünf Spielen in der Bundesliga resultierte nur ein Sieg, ein eher mühseliges 4:3 zuhause gegen den Tabellen-Sechzehnten VfB Stuttgart.

Mit einem engagierten Auftreten könnte daher auch in Leverkusen etwas drin sein; wenn es gelänge Chicharito kalt zu stellen, wäre vielleicht sogar ein Sieg möglich.