1776 ging es mehr um die politische Repräsentation als um die Steuern

Denn die Monarchisten, die sich gegen eine beginnende Demokratiebewegung in Großbritannien wehrten, verhinderten einen Kompromiß, der die amerikanischen Kolonisten hätte beschwichtigen können.


Steuerbelastung der Bürger pro Jahr in Britannien und Neuengland 1763

„Keine Besteuerung ohne (politische) Repräsentation“ – der bestimmende und prägende Ruf der amerikanischen Revolution – vermittelte den Eindruck, dass die Besteuerung das Hauptärgernis im Konflikt zwischen Großbritannien und seinen amerikanischen Kolonien darstellte.

Doch tatsächlich waren die Steuern in den Kolonien viel niedriger als diejenigen in Großbritannien. Die zentrale Beschwerde der Kolonisten richtete sich dagegen tatsächlich mehr gegen den Mangel an einer Beteiligung an der Regierung, die über sie herrschte.

Die politischen Grundlagen der amerikanischen Revolution werden seit mehr als zweihundert Jahren immer wieder diskutiert und erörtert, und es gibt mehrere Erklärungen für die Ursachen und vielfältige Analysen der zugrunde liegenden revolutionären Dynamik.

Eine Frage zu dieser Revolution blieb allerdings weitestgehend unbeantwortet, nämlich warum König Georg III. den Kolonien diese geringe Repräsentation im Parlament verwehrte und mit ihrer Anerkennung möglicherweise einen Krieg um die Unabhängigkeit hätte verhindern können.

Diese Frage war die Motivation für die Studie „Warum nicht Besteuerung und Repräsentation? Eine Anmerkung zur amerikanischen Revolution“ (NBER Working Paper Nr. 22724) von Sebastian Galiani und Gustavo Torrens. Um die Aufmerksamkeit mehr auf die Rolle der politischen Repräsentation zu lenken, merkten die beiden Ökonomen an, dass der durchschnittliche britische Bürger in Großbritannien 26 Schilling pro Jahr Steuern bezahlen musste, verglichen mit nur einem Schilling pro Jahr in Neu-England, und das obwohl der Lebensstandard der Kolonisten wohl höher war als der der Briten.

Die meisten Berichte über die Ereignisse, die zur Amerikanischen Revolution geführt hatten, bezogen sich auf einen Konflikt zwischen den Kolonien und einer vereinigten britischen Regierung dar. In Wirklichkeit, so argumentierten die Forscher, stellte sich die Realität sehr viel subtiler dar.

Sie bezogen sich dabei auf eine Vielzahl historischer Berichte, um die Spannungen zwischen zwei rivalisierenden britischen Interessengruppen, dem begüterten Adel einerseits und der demokratisch geneigten Opposition andererseits zu beleuchten und das Versagen zu erläutern, einen Kompromiss zu erreichen, der den Kolonien eine Vertretung gewährt hätte. Sie konzentrierten sich insbesondere darauf, wie die Ausweitung der politischen Repräsentation den relativen Einfluss dieser beiden Gruppen beeinträchtigt hätte.

Die Forscher betrachteten Ereignisse ein Jahrhundert vor der amerikanischen Revolution, um die Bühne für die heimischen Spannungen in Großbritannien zur Zeit der Kolonialproteste zu bereiten. 1649, während des englischen Bürgerkrieges stürzte und enthauptete eine Rebellion der Parlamentarier König Charles I..

Oliver Cromwell, der den größten Teil des folgenden Jahrzehnts herrschte, unterstützte die Ausweitung der politischen Vertretung in der Regierung weit über die reichen Grundeigentümer hinaus und seine Administration stand Anliegen wie denen der amerikanischen Kolonien viele Jahrzehnte später eher wohlwollend gegenüber. Doch nach dem Tod Cromwells im Jahre 1658 kehrten die Royalisten an die Macht zurück und versuchten, die ursprünglich herrschende Klasse wiederherzustellen.

Als die Kolonien Mitte des 18. Jahrhunderts mehr politische Teilhabe forderten, erholte sich die Monarchie noch immer von dieser Entthronisierung, und die wohlhabenden Adeligen, die nun wieder an der Macht waren, fühlten sich immer noch verwundbar.

Die Forscher wiesen darauf hin, dass die Royalisten damals gegen Gruppierungen ankämpften, die die Demokratie nach Großbritannien bringen wollten. Da diese Oppositionsparteien über keine bedeutende Macht verfügten, hätten die amerikanischen Kolonisten möglicherweise mit dieser Opposition sympathisiert und geholfen, deren Einfluss auszuweiten, wenn sie denn ins Parlament eingeladen worden wären. Die Forscher sahen diese Spannung als besonders kritisch an für das Verständnis, warum Großbritannien den Kolonien so widerwillig eine politische Mitsprache zubilligen wollte.

Es gab damals durchaus Vorschläge zur friedlichen Beilegung der Kolonialkrise, vor allem von Thomas Pownall und Adam Smith. Smith schlug beispielsweise ein System vor, „in dem die politische Repräsentation Großbritanniens und Amerikas proportional zu dem Beitrag sein würde, den jeder Staat zur öffentlichen Staatskasse des Empire beitrug.“

Solche Vorschläge wurden aber von den herrschenden Kräften in Großbritannien abgelehnt. „Der begüterte Adel, welcher die amtierende Regierung kontrollierte, fürchtete, dass die Zugeständnisse an die amerikanischen Kolonien den Druck für demokratische Reformen intensivieren und damit ihre wirtschaftliche und politische Position gefährden würden“, so die Forscher.

Letztendlich drängte die Opposition der reichen Adeligen gegen die Forderungen nach politischer Repräsentation der amerikanischen Kolonien die Kolonisten zu Rebellion und Unabhängigkeit und verzögerte damit gleichzeitig die Entwicklung der beginnenden demokratischen Bewegung in Großbritannien.

(eigene Übersetzung eines Beitrages der amerikanischen Autorin Jen Deaderick)