zu 30 Jahre Treuhandanstalt – „Eine einzige Schweinerei“

Edgar Most: Der Prozess der Privatisierung über die Treuhand ist völlig schief gelaufen.

Luftaufnahme Detlev-Rohwedder Haus
Luftaufnahme des Detlev-Rohwedder-Hauses, ehemals Hauptsitz der Treuhandanstalt

Most: Die Gründung der Treuhand war ja gedanklich richtig, ist ja damals am Runden Tisch entstanden, und da gab es ja die Überlegung, dass man das staatliche Eigentum, was ja bei uns fast alles war in der DDR, dass man das insgesamt zur Verfügung stellt und dafür eben eine Treuhand braucht. Aber Treuhand heißt natürlich, dieses Eigentum zu bewahren und aus ihm mehr zu machen. Und das ist ja genau nicht eingetreten.


Dobovisek: Fassen wir das noch einmal zusammen: Die Währungsunion, sie kam am 1. Juli 1990, und es gab einen Umrechnungskurs von eins zu zwei für das Barvermögen auf den Konten, aber eben Löhne und Gehälter und laufende Kosten wurden eins zu eins umgerechnet. War das also der Tod der ostdeutschen Wirtschaft?

Most: Ja. Ja, und vor allen Dingen, dass das Vermögen, das in den Betrieben war, die Aktiva, die Grundmittel, die Fonds, die Grundstücke, die alle wurden ja auch nur eins zu eins oder eins zu zwei umgerechnet. Und damit hat keine D-Mark-Eröffnungsbilanz gestimmt.

Dobovisek: …Aber, um noch einmal zurück zur Währungsunion zu kommen – war sie einfach zu früh oder im falschen Umrechnungskurs.

Most: Falscher Umrechnungssatz. Man hätte die Bevölkerung eins zu eins oder eins zu zwei lassen können, aber die Wirtschaft, die hätte man eins zu sieben, eins zu acht umrechnen müssen. Und die haben wir bereits in der Staatsbank so gerechnet.

Dobovisek: Sie wurden in den vergangenen Jahren, Herr Most, nicht müde, nach Korrekturen im Einheitsprozess zu rufen. Ist es für jedwede Korrektur inzwischen zu spät?

Most: Ja. Das ist alles gegen uns gelaufen. Ich hab mir immer noch mal gewünscht – ich war ja fünf Jahre Berater bei Gerhard Schröder, Gesprächskreis Ost, mit dem Herrn Dohnanyi zusammen, und wir haben ja Vorschläge gemacht, über 40 Stück, wie man wenigstens im Osten noch dieses und jenes aufarbeiten könnte, wie man mit bestimmten Dingen neu umgehen sollte.

Aber das ist bis auf ein paar wenige Sachen auch nicht durchgeführt worden. Also insofern war das für mich alles eine Enttäuschung. Aber ich brauche nur meine eigenen Freundschaften alle anzugucken, meine Verwandtschaften – das sind alles Verlierer der deutschen Einheit geworden.

Ich bin Gewinner der deutschen Einheit. Also für mich hat das positive Auswirkungen gehabt, dass ich eben so eine hohe Funktion in der Deutschen Bank wahrnehmen konnte und durch die Gründung der Kreditbank. Aber ich war am Ende der einzige Ost-Banker, der auch international akzeptiert wurde. Also, mit der deutschen Einheit hat man Fehler gemacht, die eigentlich nicht wieder gut zu machen sind.

Aus dem letzten Interview des gesamtdeutschen Bankmanagers Edgar Most mit dem Deutschlandfunk