Tour: Deutsche Woche endet mit Froomes Sieg am Ventoux

Eine tolle deutsche Woche mit drei Etappen-Siegen für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) bei der Tour de France findet ihr Ende mit einem beeindruckenden Erfolg des Briten Chris Froome am mystischen Mont Ventoux, dem „kahlen Riesen der Provence“.

Mont Ventoux

Deutsche fahren ins Glück

Nachdem am Dienstag Marcel Kittel Andre Greipel in einem deutsch-deutschen Duell schlagen und seinen zweiten Etappensieg bei dieser Tour erringen konnte, zeigte der Zeitfahrweltmeister Tony Martin am Tag darauf einmal mehr seine momentane Ausnahmestellung in dieser Disziplin.

Nur der Träger des Gelben Trikots Chris Froome konnte ihn mit einer ähnlich guten Vorstellung überhaupt in Gefahr bringen, der Brite blieb aber letztlich 12 Sekunden hinter dem Thüringer zurück.
Alle anderen Fahrer verloren mehr als eine Minute auf Tony Martin, der ziemlich früh ins Rennen gehen musste und deshalb trotz seiner fabelhaften Zeit lange warten musste, bis Froome als letzter Starter noch einmal in die Nähe seiner Marke kam.

Tony Martin

Dieser Sieg am Kloster Mont Saint-Michel war eine beeindruckende Leistung des Thüringers, zumal auch deshalb, weil von ihm als amtierender Weltmeister und erklärter Topfavorit für die Einzelzeitfahren nicht weniger erwartet worden war.

Auch Martin selbst hatte sich mächtig unter Druck gesetzt, als er zuvor seine eigene Erwartungshaltung beschrieben und den Erfolg in Saint-Michel als erklärtes Ziel ausgegeben hatte.

Doch Tony Martin hielt dem Druck der eigenen Nerven und der öffentlichen Ansprüche erstaunlich gut stand und rief eine überragende Form ab.

Nicht viel weniger beeindruckend war die Vorstellung des jungen Erfurters Marcel Kittel, der am Donnerstag in der Sprinter-Metropole Tours seinen bereits dritten Erfolg bei der diesjährigen Tour erzielte und dabei keinen geringeren als den Weltmeister Mark Cavendish in den Schatten stellte.

Marcel Kittel

Erstmals fünf deutsche Etappensiege bei der Tour seit 1997

Mit den beiden Sprint-Erfolgen von Kittel und Andre Greipel aus der ersten Tour-Woche haben die deutschen Tour-Teilnehmer nun bereits fünfmal auf der obersten Stufe des Podiums gestanden, ein Kunststück, das zuletzt Jan Ullrich und Erik Zabel 1997 gelungen ist.

„Chapeau!“ kann ich da nur sagen, angesichts der doch eher geringen Erwartungshaltung vor der Tour ist das wesentlich mehr, als ich erhofft hatte.
Sicherlich galt Tony Martin als einer der Favoriten für die Einzelzeitfahren, doch gerade bei den Sprints waren eher Mark Cavendish und Peter Sagan diejenigen, die als die ersten Aspiranten für Etappensiege gesetzt schienen.
Marcel Kittel und Andre Greipel hatte auch ich nach den bisherigen Leistungen der Saison eigentlich nur mit Außenseiter-Chancen auf dem Radar.

Umso schöner und beeindruckender sind für mich die bisherigen Erfolge der drei Deutschen, bei noch einem ausstehenden Zeitfahren sowie der traditionellen Sprint-Ankunft auf dem Champs-Elysses in Paris gibt es zudem noch Chancen, diese tolle Bilanz eventuell noch zu verbessern.

Chris Froome deklassiert die Konkurrenz erneut

Auch in der zweiten Tour-Woche hat der große Favorit Chris Froome keinen Zweifel daran gelassen, wer seiner Ansicht nach am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen soll: Nur er selbst!

Auf der längsten Etappe der diesjährigen Ausgabe hinauf zum legendären Mont Ventoux konnte keiner der Konkurrenten mit dem Briten mithalten.

Nachdem er erneut mit seinem australischen Teamgefährten Richie Porte im Schlussanstieg einen Großteil des Feldes mitsamt den meisten Anwärtern auf einen der vorderen Plätze im Gesamtklassement auseinander gefahren hatte, konnte ihm auch der zweimalige Toursieger Alberto Contador nicht mehr folgen.

Nur der kolumbianische Tour-Neuling Nairo Quintana, der bereits vorher ausgerissen war, schaffte es, bis kurz vor Schluss am Hinterrad des Gelben Trikots zu bleiben.

Froome und Quintana

Doch auch er konnte der letzten Tempoverschärfung des Briten anderthalb Kilometer vor dem markanten Turm auf dem Gipfel nicht widerstehen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es Chris Froome, den südamerikanischen Kletterer vom Movistar-Team ausgerechnet am Denkmal seines am Ventoux verstorbenen Landsmannes Tom Simpson zu distanzieren.

Der erneute klare Sieg Froomes bei einer Bergankunft dürfte meiner Ansicht nach die Weichen für die letzte Woche der Tour gestellt haben.

Über vier Minuten Vorsprung auf den zweitplatzierten Bauke Mollema, ein noch anstehendes Einzelzeitfahren sowie die Gipfelankünfte in Alpe d’Huez und Annecy-Semnoz in den Alpen sollten keine wirklichen Überraschungen mehr bringen.

Es ist daher nicht besonders gewagt, zu behaupten, dass sich Chris Froome eigentlich nur noch selbst schlagen kann.
Sollte er seine bisherigen Leistungen auch auf den letzten Etappen bestätigen können, so wird ihm der Tour-Sieg nicht mehr zu nehmen sein.
Nur noch ein totaler Einbruch oder eine Sturzverletzung oder plötzliche Erkrankung könnten ihn daran noch hindern.

Mit sportlichen Mitteln ist Chris Froome in diesem Jahr kaum noch zu schlagen.