S04: Auch „schmutzige“ Siege bringen drei Punkte

Um es vorweg zu nehmen: Nein, das war kein schönes Spiel gegen den FC Augsburg. Doch die Punkte blieben bei uns, und im Moment ist das wohl alles, was wirklich zählt.

Schalke 04 Fans in der Nordkurve

Die Kritik nach der Niederlage in Leverkusen war berechtigt und teilweise auch ziemlich heftig. Keine Torchance, kaum vernünftiges Angriffsspiel nach vorn, stures Hoffen auf ein 0:0 über die gesamten 90 Minuten.

So hatten sich viele Fans das Wirken des neuen Trainers Roberto Di Matteo offenbar nicht vorgestellt. Sicher, dass es vor ihm erhebliche Defizite bei der Abwehrarbeit gegeben hatte, ließ sich nicht leugnen. So wurde auch Di Matteos Versprechen, die Defensive stabiler zu gestalten, zumeist positiv aufgenommen.

Doch so ganz ohne eigene Angriffsbemühungen nur noch italienischen Beton anzurühren, stieß dann doch vielen sauer auf. Wortgewaltig versprach der Schweizer Coach Abhilfe, in den nächsten Spielen würde dann mehr Wert auf die Offensive und den Spielaufbau gelegt werden.

Gegen Augsburg war davon anfangs allerdings nicht viel zu merken. Sicherlich, der Ausfall von Julian Draxler nach nur wenigen Sekunden war nicht nur für die Zuschauer in der Veltins-Arena ein echter Schock. Mit einer Muskelverletzung reihte sich der Jung-Nationalspieler ein in die lange Verletztenliste des S04, die bereits jede Menge prominenter Namen trägt: Jefferson Farfan, Leon Goretzka, Sead Kolazinac, Felipe Santana, Sidney Sam, Joel Matip, Kevin-Prince Boateng und Fabian Giefer.

Auch Draxlers Vertreter Chinedu Obasi schien von diesem erneuten Rückschlag paralysiert zu sein, brauchte er doch fast die gesamte erste Halbzeit, um überhaupt ins Spiel zu finden. Da sein Gegenüber Eric-Maxim Choupo-Moting ebenfalls nicht wirklich präsent war, hingen Klaas-Jan Huntelaar und auch Max Meyer fast ständig in der Luft.

Wie schon Hertha BSC Berlin nahm auch Augsburg die Schalker Spielweise an und eroberte sich unter dem Raunen der blau-weißen Anhängerschaft immer mehr Spielanteile. Während die Schalker sich weitestgehend zurückzogen und den Schwaben den Ball überließen, vermochten diese aus ihrer optischen Überlegenheit kein Kapital zu schlagen.

Keeper Ralf Fährmann erlebte daher einen eher ungewohnt ruhigen Abend, und auch die größte Chance der Augsburger, als der gebürtige Gelsenkirchener Halil Altintop einmal zwischen den Innenverteidigern frei zum Abschluss kam, landete direkt in seinen Armen.

So war es den Augsburgern auch nicht zu verübeln, dass sie nach Spielschluss damit haderten, aus ihrem Übergewicht keine wirklichen Torgelegenheiten kreiert zu haben. Schalke dagegen machte es besser.

Der beste Spieler auf dem Platz, Atsuto Uchida, nach erfolgreicher Vertragsverlängerung offenbar besonders motiviert, bereitete mit einem bestechenden Offensivkraftakt nach einem Fehlpass der Schwaben den einzigen Treffer des Abends von Torjäger Huntelaar vor. Genau genommen stellte er damit den Spielverlauf auf den Kopf.

20 Torschüsse von Augsburg, nur 13 von Schalke, 55 % Ballbesitz für den FCA: doch am Ende blieben die Punkte in Gelsenkirchen, weil die Augsburger aus ihrer Überlegenheit kein Kapital schlagen konnten.

Die Mannschaft von Roberto Di Matteo vermochte allerdings zumindest in der Defensive zu überzeugen: Fährmann spielte wie gewohnt sicher, ohne jedoch besonders gefordert zu werden, die beiden Innenverteidiger Höwedes und Neustädter agierten ebenso souverän und fehlerfrei wie Uchida und Aogo auf den Außenbahnen, während Höger und Kirchhoff auf der „Sechs“ viele Angriffe der Bayern schon im Ansatz unterbanden.

Nichts Neues also in Gelsenkirchen? Weiterhin wird der Mörtel angerührt, um vor allem und vorrangig das eigene Tor vor den Bemühungen des Gegners abzusichern. Und doch, wenn man genau hinsah, gab es ein paar kleine Verbesserungen: nicht nur, dass der „Hunter“ spielentscheidend ins Netz traf, sondern auch, dass einige Konter nun etwas überlegter gesetzt wurden als in Leverkusen.

Gut, wirklich schön war das jetzt nicht anzuschauen. Wo man mit attraktivem Fußball ohne Erfolge allerdings so landen kann, zeigt momentan recht eindrucksvoll der Reviernachbar aus Dortmund. Was nutzt da ein allgemeines Lob von allen Seiten für eine engagierte Leistung bei den Bayern, wenn am Ende doch die Punkte in München bleiben?

Nun denn, morgen geht es in der Champions League nach Lissabon und Samstag in der Bundesliga zum SC Freiburg. Zwei Auswärtsspiele also, die dem momentanen System von Roberto Di Matteo entgegenkommen könnten.

Wollen die Portugiesen mehr als nur den dritten Platz in der CL erreichen, so sind sie gezwungen, gegen den FC Schalke als direkten Konkurrenten um Rang zwei auf eigenem Platz mehr zu machen als nur auf die Fehler des Gegners zu warten. Das käme den Blauen zur Zeit sehr gelegen, könnte man sich doch wieder aufs Verteidigen mit gelegentlichen Kontern konzentrieren. Bei der zuletzt gezeigten Effektivität in dieser Disziplin wäre möglicherweise sogar mehr als ein Unentschieden drin.

Ebenso bei den Freiburgern: mit nur acht Punkten sind sie nach wie vor in akuter Abstiegsgefahr, trotz des Sieges zuletzt beim 1. FC Köln. Also kann man wohl davon ausgehen, dass die Breisgauer zuhause punkten wollen. Wahrscheinlich werden wir auch am Samstag wieder eine Schalker Mannschaft sehen, die über eine defensive Grundeinstellung mit schnellen Gegenstößen Erfolge einfahren will.

Machen wie uns nichts vor: wirklich attraktiver Fußball geht anders, und die jetzige Spielweise vermag so richtig niemanden vom Hocker zu hauen. Doch offensichtlich ist momentan nicht viel mehr drin. Wenn sogar Manager Horst Heldt nun schon leise Kritik an Ex-Trainer Keller äußert und über den Fitnesszustand der Spieler nachsinnt, so lässt das zumindest ahnen, wo noch so einiges im Argen liegt.

2:0 gegen Hertha, 0:1 in Leverkusen, 1:0 gegen die Schwaben, das 4:3 über Sporting Lissabon offenbar als die große Ausnahme. Diese Ergebnisse zeigen recht deutlich an, wo es in nächster Zeit hingehen soll mit Di Matteo. Das mag nicht jedem gefallen, aber effektiv ist es trotzdem.

Und zumindest im defensiven Bereich sind auch erste Verbesserungen festzustellen. Schalke lässt sich nicht mehr so einfach auskontern, die Raumaufteilung wirkt verbessert, die Abwehr insgesamt sattelfester. Und auch zaghafte Versuche in Richtung Spielaufbau hat es gegeben, aufgrund des wechselnden Personals (Max Meyer erstmals zentral, Draxler und Sam als Außen verletzt, Obasi spielt mal, dann wieder nicht, Choupo-Moting hat offensiv inzwischen jede Position mal ausprobieren müssen) allerdings noch wenig geordnet und ungenau.

Bleibt also die Hoffnung auf eine langsame, aber stetige Besserung, mit der auch der offensive Charakter der Mannschaft wieder ins rechte Licht rücken kann. Die notwendigen Spieler dafür hat Di Matteo eigentlich. Mal sehen, wie es in den nächsten Begegnungen weitergeht.