Frank Schirrmacher † am 15.08.2011: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“

Vor mittlerweile fünf Jahren schrieb der im Juni 2014 verstorbene Journalist und Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) Frank Schirrmacher über seine zunehmenden Zweifel an konservativer Politik:

Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik. So abgewirtschaftet sie schien, sie ist nicht nur wieder da, sie wird auch gebraucht.

Frank Schirrmacher
Frank Schirrmacher im Jahre 2007

„Die Stärke der Analyse der Linken“, so schreibt der erzkonservative Charles Moore im „Daily Telegraph“, „liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern.

,Globalisierung‘ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ,nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues.“

Das politische System dient nur den Reichen? Das ist so ein linker Satz, der immer falsch schien, in England vielleicht etwas weniger falsch als im Deutschland Ludwig Erhards. Ein falscher Satz, so Moore, der nun plötzlich ein richtiger ist.

„Denn wenn die Banken, die sich um unser Geld kümmern sollen, uns das Geld wegnehmen, es verlieren und aufgrund staatlicher Garantien dafür nicht bestraft werden, passiert etwas Schlimmes. Es zeigt sich – wie die Linke immer behauptet hat –, dass ein System, das angetreten ist, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sich zu einem System pervertiert hat, das die wenigen bereichert.“

Frank Schirrmacher am 15.08.2011 in der FAZ

Hat sich seitdem viel geändert? Ich glaube nicht, doch auch wenn linke Politik sich heute immer noch nicht durchgesetzt hat, so kann man Schirrmachers damalige Worte auch jetzt noch genau so stehen lassen. Leider hatten sie bisher wenig tatsächliche und praktische Auswirkungen. Und es besteht im Moment auch leider nur wenig Hoffnung, dass sich daran in nächster Zeit viel bessern wird. Schade, denn erst dann wird eine wirkliche Lösung der momentanen Krisen wirklich in erreichbare Nähe rücken können.