Der Schwarze Tod in England Mitte des 13. Jahrhunderts war eine enorme menschliche Tragödie – und ein faszinierender Arbeitskräfte-Angebotsschock.
Bevölkerungsanzahl in Tausend (blau, links) und durchschnittlicher Wochenverdienst pro Person (rot, rechts) in England im Mittelalter
FRED hat einen neuen Rekordhalter: Die längste Datenserie gehört jetzt zu der neuen Reihe „Population in England“, die bis auf das Jahr 1086 zurückgeht. Der Schwarze Tod traf die britischen Inseln 1348 zum ersten Mal. Die Bevölkerung sank in wenigen Jahren um mehr als ein Drittel: von über 6 Millionen auf weniger als 4 Millionen. Wie die o. g. Grafik zeigt, dauerte es noch 250 Jahre bis sich die Einwohnerzahl davon erholte…
…Wie in unzähligen Econ 101-Kursen gelehrt, führte der massive Rückgang des Arbeitskräfteangebots infolge des Schwarzen Todes zu einem Anstieg der Löhne. Das Ausmaß dieses Anstiegs ist allerdings umstritten, ebenso wie der Zeitrahmen (einige behaupten, er wäre sofort eingetreten, andere meinen, er habe Jahrzehnte gebraucht).
Ich möchte jedoch heute die politische Antwort auf diesen Arbeitsangebots-schock hervorheben. 1349, ein Jahr nachdem der Schwarze Tod England zum ersten Mal getroffen hatte, erließ König Edward III. die Ordinance of Labourers. Das Parlament folgte 1351 mit dem Statute of Labourers. Dieses legte einen Höchstlohn für die Arbeitnehmer fest, der in etwa der Entlohnung vor der Seuche entsprach. Arbeiter, die nicht für diesen Lohn arbeiten wollten, wurden eingesperrt.
Das Statut stellte fest, dass „die Bediensteten…unwillig und nicht bereit waren nach der Pest zu arbeiten, ohne übermäßige Löhne zu nehmen“. Das Statut blieb für fast ein Jahrhundert bis 1444 in Kraft.
Es ist umstritten, wie gut diese Regelungen durchgesetzt wurden und wie sehr sie tatsächlich die Löhne beeinflussten – es existierten offenbar weit verbreitete Ausweichmanöver. Zumindest einige Erzwingungsprozesse fanden jedoch offenbar statt. Und ob sie sich tatsächlich auf die Löhne auswirkten oder nicht, sie wurden sicherlich wahrgenommen: Sie waren eine der Beschwerden, die zu einem der seismischsten Ereignisse in dieser Periode geführt hatten – dem Bauernaufstand von 1381.
Vielleicht ist der Schwarze Tod somit mehr als nur eine nette Parabel für Studenten der Wirtschaftswissenschaften. Die Marktkräfte bestimmen möglicherweise tatsächlich, wie die Preise steigen und fallen, jedoch hängt die Wirkung dieser Kräfte des Marktes auch von den sie regulierenden Institutionen ab, die wiederum Ergebnis der vorhandenen Machtstrukturen sind.
Und wenn diese Marktkräfte den Interessen derjenigen, die diese Machtgefüge kontrollieren zu sehr in den Weg treten, können diese durchaus eine Menge tun, um sie am Funktionieren zu hindern (obwohl ihnen dies möglicherweise auch nicht unbedingt immer gelingt)…
(Eigene Übersetzung eines Blogbeitrags des amerikanischen Ökonomen Bradford DeLong)