Zwischen 1949 und 1953 setzte die CIA-Operationsbasis in München 12 Agenten in der Westukraine ab, mit dem Auftrag, Informationen zu sammeln und die lokale Partisanenbewegung zu unterstützen (Projekt AERODYNAMIC).

Siegel der U.S. Central Intelligence Agency (CIA) in der Lobby des
Hauptquartiers der Agentur in Langley, Virginia
Doch die sowjetischen Sicherheitskräfte nahmen alle Eindringlinge bis auf einen gefangen oder töteten sie.
Basierend auf offiziellen Aufzeichnungen und den persönlichen Papieren des für das Projekt verant-wortlichen CIA-Offiziers diskutiert dieser Artikel den historischen Hintergrund von AERODYNAMIC und gibt einen Überblick über die Rekrutierung, Ausbildung und den Einsatz der Agenten.
Das Projekt scheiterte, so der Artikel, aufgrund mangelnder strategischer Planung, einer schlecht defi-nierten amerikanischen Politik gegenüber der UdSSR und der rücksichtslosen Einsatzkultur der CIA in Deutschland.
In Ermangelung einer aussagekräftigen Überprüfung nach der Aktion wurden nur wenige Lehren gezo-gen, und der Geheimdienst führte mehrere Jahre lang fehlerhafte verdeckte Operationen durch, die 1961 in der unglückseligen Landung in der Schweinebucht gipfelten.
„In seinem 1965 erschienenen Roman „Der Krieg hinter den Spiegeln“ beschreibt John le Carré eine gescheiterte Spionageoperation. Die Handlung dreht sich um einen im Niedergang begriffenen Geheim-dienst – „The Department“ –, dessen alternde Manager die glorreichen Tage des Zweiten Weltkriegs wieder aufleben lassen wollen, indem sie eine rücksichtslose Infiltrationsmission hinter den Eisernen Vorhang starten.
Sie rekrutieren einen polnischen Emigranten mittleren Alters, statten ihn mit einem antiquierten Radio aus, schicken ihn nach Ostdeutschland und lassen ihn im Stich, als die Mission schiefgeht. Als die ört-lichen Sicherheitskräfte den Agenten näher rücken, beschuldigt ein junger Beamter des Departments den Direktor, ihn dort sterben zu lassen. Worauf sein Chef antwortet: „Wir verleugnen ihn. Das ist nie ein schöner Prozess. Er ist so gut wie schon gefasst, verstehen Sie?“
„Der Krieg hinter den Spiegeln“ ist Fiktion, aber sein pseudonymer Autor war der ehemalige Geheim-dienstoffizier David Cornwell. Mit scharfem Blick für die Realitäten und Widersprüche der Spionage im Kalten Krieg spießt Cornwell/Le Carré die fatale Romantik vieler westlicher Geheimdienstler auf, ihre Bereitschaft, Agenten zu opfern, und ihre weltfremde Blindheit gegenüber der Undurchdringlichkeit des sowjetischen Geheimpolizeisystems.
Le Carré hat zwar nicht persönlich mit Agenten hinter dem Eisernen Vorhang zu tun gehabt, aber „The Looking Glass War“ weist eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer echten Infiltrationsoperation auf. Die Infiltration amerikanischer Geheimdienstagenten in die Westukraine war allgemein bekannt.
Bereits am 23. September 1949 – weniger als drei Wochen nach dem ersten CIA-Absprung über der Ukraine – berichtete die New York Times über eine sowjetische Broschüre, in der die „massiven Bemühungen des US-Geheimdienstes, Agenten in die Sowjetunion einzuschleusen“ angeprangert und eine „Spezialschule zur Ausbildung ukrainischer Nationalisten“ in Bayern erwähnt wurde.
Als weitere Beweise für diese Absetzungen auftauchten, berichtete die amerikanische Presse Anfang der 1950er Jahre über die Verhaftung, Geständnisse und Hinrichtung von Agenten. Erst mit dem Ende der Absprünge 1953 trat zwei Jahrzehnte lang Schweigen ein.
„The CIA’s Secret Operations“ ist eine Mischung aus Memoiren und Bericht über die Aktivitäten der CIA im frühen Kalten Krieg. In einem Kapitel über die CIA-Operationen in der Ukraine bestätigte Harry Rositzke die Existenz des Projekts, enthüllte mehrere neue Details und räumte offen dessen Scheitern ein.
Er schrieb die leitende Rolle im Ukraine-Projekt dem Office of Policy Coordination (OPC) zu, dem halbunabhängigen Arm der CIA für verdeckte Operationen, schob die letztendliche Verantwortung jedoch dem US-Militär zu, das die CIA angeblich zu rücksichtslosen Operationen hinter dem Eisernen Vorhang gedrängt hatte.
Da keine Originaldokumente vorlagen, akzeptierten die meisten Historiker Rositzkes Darstellung. Wie der Autor der einzigen erhaltenen Monographie über das Ukraine-Projekt schrieb, „diktierte das Penta-gon praktisch die CIA-Mission gegen die Sowjetunion“. Die Arbeit der vom Kongress beauftragten Kommission für NS-Kriegsverbrechen öffnete die Tür für eine erneute Untersuchung.
Die Kommission betonte die Verbindungen ukrainischer Nationalisten zu Nazi-Deutschland und ordnete die Veröffentlichung aller CIA-Unterlagen über die Zusammenarbeit der Agentur mit potenziell kompro-mittiertem ukrainischem Personal im Nachkriegseuropa an.
Die daraus resultierende Fundgrube an Dokumenten umfasste Tausende von Dokumenten über AERO-DYNAMIC und verwandte Infiltrationsprogramme. Die Kommission konzentrierte sich jedoch auf Kriegsverbrechen, nicht auf antisowjetische Geheimdienstoperationen, und dies galt auch für viele der daraus resultierenden Veröffentlichungen.
Dennoch legte die Freigabe der Geheimhaltungsdokumente den Grundstein für die Erforschung der US-Geheimoperationen hinter dem Eisernen Vorhang.
Ergänzt werden diese Aufzeichnungen durch die Unterlagen des CIA-Offiziers, der die Operation in München leitete, Stephen B. Tanner. Zusammen ermöglicht dieses Material einen beispiellosen Blick hinter die Kulissen einer der ehrgeizigsten CIA-Operationen des frühen Kalten Krieges.
…“
Kleiner Denkanstoß als Erinnerung, dass die Versuche der US-amerikanischen Einflussnahme in der Ukraine weit vor dem Maidan-Aufstand 2014 begannen. Übrigens waren die eingangs angesprochenen „Partisanen“ größtenteils Nazi-Kollaborateure aus der Zeit des 2. Weltkriegs.
