S04: Glücklicher Sieg in Bremen, heute Mammutaufgabe gegen Bayern München

Schalkes Trainer Domenico Tedesco kann sich momentan über mangelndes Glück eigentlich nicht beklagen. Denn in einer ansonsten ziemlich ausgeglichenen Begegnung entschieden ein Tor nach einer Ecke sowie ein kurioser Treffer ins eigene Netz letztlich zugunsten der Gelsenkirchener.

Weserstadion Bremen, Innenraum, 2008 (01)
Panorama des Innenraumes im Bremer Weserstadion

Zwei hoch stehende und hoch pressende Mannschaften ließen am vergangenen Samstag von Anfang an nur wenige spielerische Impulse zu. Während das Heimteam sofort „drin“ war und aggressiv seine Chancen suchte, benötigten die Schalker einige Zeit, um sich auf das frühe Forechecking der Bremer einzustellen.

Doch spätestens mit Thilo Kehrers sehr hart geführtem Tackling gegen Werder-Stürmer Max Kruse nach gut zwanzig Minuten, welches für den früheren Nationalspieler unglück-lich mit einem Schlüsselbeinbruch endete, hatte der S04 den Kampf angenommen und hielt defensiv konzentriert dagegen.

Negativ weiterhin auffallend blieb dagegen das Umschalten nach vorn. Zu zögerlich und mutlos wurde der Ball meistens nach ein, zwei Stationen wieder hergegeben, anstatt mit mehreren Akteuren gleichzeitig schlüssige Kombinationen zu kreieren. Doch da auch Bremen offensiv recht einfallslos vorging, entwickelte sich ein eher kampfbetontes Spiel mit zwei bestimmenden und kompromisslosen Abwehrreihen, während alle Versuche in Richtung gegnerisches Gehäuse überwiegend Zufallsprodukte blieben.

Und so fielen denn auch die Tore nicht infolge gelungener Kombinationen, sondern in günstigen Momenten oder als Folge von Fehlern. Werders Verteidiger Laminè Sanè reagierte bei einem Pfostenabpraller nach einer Ecke am schnellsten, während sein Mannschaftskollege Milos Veljkovic nur zwei Minuten später sehr unglücklich ins eigene Netz traf. Das entscheidende Tor erzielte dann aber Leon Goretzka wiederum nach einem Eckstoß, nachdem ihm das Leder förmlich vor die Füße gefallen war.

Während seine erste Elf relativ verhalten agierte, wechselte Schalkes Übungsleiter dagegen mutig durch. Schon nach dem Pausentee kam Nabil Bentaleb für Benjamin Stambouli, der seine Rolle im defensiven Mittelfeld hauptsächlich defensiv interpretiert hatte. Später folgten mit Franco di Santo und Breel Embolo zwei Stürmer mit dem offensichtlichem Auftrag, die eigene Abwehr so gut es ging zu entlasten.

Am Ende standen dann die drei Punkte auf der Habenseite des S04, da es Bremen nicht mehr gelang, noch wirklich gefährliche Situationen vor dem Tor von Ralf Fährmann hervorzurufen. Doch den Mangel an spielerischer Klasse konnte dieser Erfolg nicht vollends verdecken, und gerade hier gibt es wohl noch einiges an Arbeit für das Trainerteam um Chefcoach Tedesco.

Der aber gab schon auf der Rückfahrt aus der Hansestadt die Devise aus „Volle Konzentration auf das Bayern-Spiel!“, indem er seinen Akteuren noch im Bus ent-sprechende Videos der Münchener vorsetzen ließ. Sicherlich keine schlechte Art und Weise, sich auf die Begegnung heute gegen die Bajuwaren vorzubereiten. Denn rechtzeitig zu ihrem Gastspiel in Gelsenkirchen hat die Elf von Trainer Carlo Ancelotti mit einem 3:0 gegen Anderlecht in der Champions League und einem 4:0-Erfolg über den FSV Mainz die Minikrise (wenn es sie denn überhaupt wirklich gab!) nach der Schlappe in Hoffenheim offenbar überwunden.

Tabellen-Dritter gegen den -Vierten, auf dem Papier sicherlich das Topspiel in dieser englischen Woche. Doch ist der „neue“ FC Schalke 04 unter der Ägide von Tedesco und Sportdirektor Christian Heidel tatsächlich schon so weit, um den Serienmeister aus Bayern ernsthaft herausfordern zu können? Schaut man sich nur den defensiven Part der Mannschaft an, so könnte man schon mit einem vorsichtigen „Ja“ urteilen. Die Abwehr ist sicherlich momentan das Prunkstück der Blauen, mit Kehrer, Naldo und Nastasic steht die Dreierkette fast wie eine Wand, und auch auf den Außenpositionen erlaubten sich Bastian Oczipka und Daniel Caligiuri bisher nur wenige Aussetzer.

Anlass zu Kritik bietet allerdings noch all das bei den Schalkern, was eigentlich offensive Glanzlichter setzen sollte. Während Leon Goretzka offenbar immer mehr in eine Führungsrolle hineinwächst, wirft neben ihm der algerische Nationalspieler Nabil Bentaleb weiterhin Rätsel auf. Eigentlich ein genialer Techniker, der auch den tödlichen Pass in die Spitze perfekt beherrscht, neigt die Nummer 10 im blauen Trikot leider auch immer wieder zu Leichtsinn und Unkonzentriertheit, durch die er öfters gefährliche Situationen heraufbeschwört.

Ähnliches gilt ebenso für die Dreier-Angriffsreihe: vor allem Yevhen Konoplyanka „glänzt“ mit enormen Formschwankungen, nach einem guten Start in die Saison ist im Moment eher Magerkost angesagt, was allerdings auch am oft zögerlichen und ungenauen Umschaltspiel der gesamten Mannschaft liegt. Davon betroffen ist ebenfalls Mittelstürmer Guido Burgstaller, der sich bemüht, ackert und rennt, und doch noch viel zu selten richtig zum Zuge kommt. Positive Ansätze liefert auch der junge Franzose Amine Harit, dessen fußballerisches Talent unübersehbar ist, der aber auch noch ein wenig Zeit zur Anpassung an die Bundesliga benötigt.

Ob das allerdings schon ausreicht gegen das Münchener Abwehrbollwerk um die beiden Nationalspieler Jerome Boateng und Mats Hummels sowie den Ex-Schalker Rafinha? Und wie hält man die Offensive mit Thomas Müller, Lewandowski und Ribery vom Tore-schießen ab? Entscheidende Fragen, die heute Abend Antworten von Schalker Seite erfordern. Und die werden dann über Wohl und Wehe bestimmen…