Die moderne Geldtheorie und die sich wandelnde Rolle der Steuern in der Gesellschaft

Steuern werden traditionell als der wichtigste Finanzierungsmechanismus für Staatsausgaben ange-sehen. Folglich wird Sozialpolitik oft als etwas gedeutet, was durch Steuereinnahmen bestimmt und eingeschränkt wird.

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Somerset House in London, zeitweilig Sitz der britischen Steuerbehörden

Die Modern Monetary Theory (MMT) stellt eine Umkehrung des Steuer-Ausgaben-Zyklus dar, indem sie einen Ausgaben-Steuer-Zyklus identifiziert. Am Beispiel des Vereinigten Königreichs heben wir hervor, dass einer der wichtigsten, aber wenig erforschten Beiträge der MMT ihr Potenzial ist, die Rolle der Steuern sowohl aus makroökonomischer als auch aus sozialpolitischer Perspektive neu zu definieren.

Wir verwenden Erkenntnisse über die Geldentnahme- oder Streichungsfunktion von Steuern, die aus der MMT abgeleitet werden, um zu zeigen, wie dies auch Möglichkeiten schafft Steuern zur Erreichung sozialer Ziele wie der Verringerung von Einkommens- und Vermögensungleichheit, der Verbesserung des Zugangs zu Wohnraum oder der Finanzierung eines Green New Deal einzusetzen.

Für die Sozialpolitikforscher besteht die Herausforderung darin, diese Erkenntnisse zu nutzen, um die Steuersysteme neu zu gestalten und die sozialen Steuerausgaben (STEs) für kreative sozialpolitische Zwecke neu zu gestalten.

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Warum die Reichen keine Steuern zahlen

Hinter dem bürgerlichen Ideal der Besteuerung als kollektives, gerechtes Unterfangen verbirgt sich eine tief verwurzelte Heuchelei: Die Architektur moderner Steuergesetze dient nicht dem Gemeinwohl, son-dern der Konsolidierung des privaten Vermögens.

Die Progressivität der Einkommensteuer wird in den obersten Stufen ausgehöhlt, wo das Einkommen größtenteils aus Kapital stammt – zu Vorzugssätzen besteuert, die Eigentum gegenüber Arbeit beloh-nen. Diese Ungleichheit wird durch den Zugang der Wohlhabenden zu Anwälten und Finanzberatern noch verschärft.

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Der IWF rät Europa zum ökonomischen Selbstmord

Der neoliberale Irrsinn hört einfach nicht auf: „IWF warnt vor Schuldenexplosion – und fordert Sparkurs
Der Währungsfonds hält eine radikale Reform des europäischen Sozialstaats für nötig. Die steigenden Schulden zu ignorieren, verschlimmere das Problem“ so das Handelsblatt.

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Sitz des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, D.C., USA

Und am Ende wird es völlig verrückt: „Der Spardruck sei so groß, dass ein Viertel der europäischen Staaten über die traditionellen Strategien hinausgehen müsse, heißt es in dem Bericht. Manche große Länder müssten ihr Sozialstaatsmodell grundsätzlich überdenken. Der Wohlfahrtsstaat stehe vor einem „Problem der Bezahlbarkeit“.

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VWL: Alternative Wirtschaftstheorie – Teil 13: Zins, Devisenbilanz und das Lohn-/Preisniveau

Neben der im letzten Beitrag beschriebenen Möglichkeit, durch Kapitalexport ein Defizit der Devisen-bilanz und damit ein erhebliches Problem für die Zinssteuerung der Zentralbanken hervorzurufen, kann auch eine passive Handels- (Leistungsbilanz) aufgrund überhöhter Preise und Löhne einen ähnlichen Effekt haben.

Änderung der Brutto- und Reallöhne und des Preisindex in Deutschland

Dabei ist es unerheblich, ob die Investition im Inland überzogen ist oder nicht. Ganz im Gegenteil kann ein Leistungsbilanzdefizit auch entstehen, wenn die Investitionen völlig unzureichend und die Beschäf-tigungssituation infolgedessen ebenso unbefriedigend ist.

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Wie der IWF und die USA dabei halfen, Argentinien auszuplündern und in die Schuldenfalle zu locken

Argentinien ist wieder in den Schlagzeilen mit den erneuten finanziellen Turbulenzen, die durch das schlechte politische Ansehen von Präsident Javier Milei ausgelöst wurden.

President Donald Trump participates in a pull-aside meeting with Javier Milei, President of Argentina, at the United Nations Headquarters (54823861698)
Javier Milei und US-Präsident Donald Trump im September 2025

Dieses schlechte Standing ist das Ergebnis der Wut über die katastrophale Wirtschaftsleistung Argen-tiniens und die massive Korruption innerhalb von Mileis Regierung, und es verheißt nichts Gutes für das Abschneiden seiner Partei bei den bevorstehenden Parlamentswahlen am Sonntag.

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Der Draghi-Bericht, ein Jahr danach: Europa steht immer noch in den Startlöchern

Ein Jahr nach seiner Veröffentlichung verstaubt der viel gepriesene Draghi-Bericht über die europäische Wettbewerbsfähigkeit.

Mario Draghi - Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums 2012
Mario Draghi auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos 2012

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der zutiefst beschämten Ursula von der Leyen stellte Draghi selbst fest, dass sich Europa ein Jahr nach seiner eindringlichen Warnung vor einer existenz-iellen Herausforderung heute in einer „schwierigeren Lage“ befinde:

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Flassbeck: Der Staat erhöht die Steuern nicht, um die Schulden abzubauen, sondern um andere Ziele zu erreichen…

…Folglich bleibe ich bei meiner Position: Der Staat braucht keine höheren Steuern, um seine Schulden zu reduzieren, sondern um ganz andere Ziele zu erreichen. Er kann die Steuern erhöhen, aber das wird es ihm aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erlauben, seine Verschuldung zu verringern.

Heiner Flassbeck
Heiner Flassbeck bei einem Vortrag in Bremen 2015

Der Staat ist eben nicht mit einem Unternehmen vergleichbar, das in einer wirtschaftlichen Schieflage selbstverständlich versucht, seine Ausgaben zu reduzieren und seine Einnahmen zu erhöhen.

Der Staat kann und muss die gesamtwirtschaftliche Schieflage dadurch beheben, dass er seine Aus-gaben ganz unabhängig von seiner haushaltswirtschaftlichen Situation erhöht und sich die Mittel dafür am Kapitalmarkt besorgt.

aus Relevante Ökonomik von Heiner Flassbeck

Wie die „Menschenrechte“ zur Waffe des Westens wurden

Am 1. August jährte sich zum 50. Mal das Inkrafttreten des Abkommens von Helsinki. Das goldene Jubiläum der Veranstaltung verlief ohne viel Mainstream-Kommentare oder Anerkennung.

Nach einem bilateralen Treffen posieren Präsident Gerald R. Ford und der sowjetische Generalsekretär Leonid Breschnew auf den Stufen der amerikanischen Botschaft in Helsinki, Finnland, flankiert von Außenminister Henry Kissin(...) - NARA - 23898495
Von links nach rechts: Henry Kissinger, Leonid Breschnew, Gerald Ford und Andrei Gromyko
vor der US-amerikanischen Botschaft in Helsinki, im Juli 1975

Dennoch war das Datum absolut erschütternd, und seine zerstörerischen Folgen hallen heute in ganz Europa und darüber hinaus nach.

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VWL: Alternative Wirtschaftstheorie – Teil 12: Zentral-bankzins und Devisenbilanz

In den bisherigen Beiträgen dieser Reihe waren wir zu dem Schluss gekommen, dass in einem moder-nen Bankensystem die Politik der Zentralbank den Kreditinstituten die Richtung für ihr Handeln vorgibt.

Hauptverwaltung Frankfurt der Deutschen Bundesbank
Regionalbüro Frankfurt der Deutschen Bundesbank

Ist die Zentralbank „mit dem Markt in Fühlung“ (so formulierte es Wilhelm Lautenbach in seinem Werk “Zins, Kredit und Produktion” (1952)), so bedeutet die Festlegung des Zinssatzes ein eindeutiges Signal, das auch dementsprechend von der Kreditwirtschaft beachtet wird.

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Argentinien gerät in die übliche Untergangsschleife, die die Austerität unweigerlich mit sich bringt

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ ist ein altes Sprichwort, das bedeutet, dass ein Bild eine sehr komplexe Botschaft schneller ausdrücken kann als ein geschriebenes Traktat – wie es in diesem Blogbeitrag folgen wird.


Die bulgarische IWF-Chefin Kristalina Georgiewa mit der Kettensäge am Revers

Bei der Frühjahrstagung 2025 des IWF in Washington schwärmte IWF-Chefin Kristalina Georgieva davon, wie gut es Argentinien aufgrund der harten Sparpolitik („Schocktherapie“) gehe, die der der-zeitige Präsident Javier Milei auf sein Land losgelassen habe.

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